CRE: Technik, Kultur, Gesellschaft
Der Interview-Podcast mit Tim Pritlove
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CRE206 Das Ohr

Über das Hörsystem des Menschen und Cochlea-Implantate

Das akustische Wahrnehmungssystem ist eines dieser unfassbaren Wunder der Evolution, das vom Menschen noch lange nicht vollständig verstanden ist. Trotzdem hat die Forschung in der Medizin, Biologie und Hirnforschung bereits eine so umfangreiche Vorstellung der Mechanismen erarbeitet, dass mittlerweile auch schwere Schädigungen des Hörsystems behoben oder zumindest teilweise umgangen werden können. Das Cochlea-Implantat stellt in diesem Zusammenhang die weitesten reichende Entwicklung dar, da hier akustische Signale direkt in der Hörschnecke elektrisch abgebildet werden können.

Audiologe und Softwareentwickler Stefan Brill entwickelt entsprechende Algorithmen für die Signalverarbeitung und -erzeugung für solche Implantate und berichtet im Gespräch mit Tim Pritlove von der Funktionsweise des Gehörsystems vom Außenohr bis zum Hörnerv und mit welchen technischen Maßnahmen auch taube Menschen wieder zum Hören gebracht werden können.

https://cre.fm/cre206-das-ohr
Veröffentlicht am: 2. Juni 2014
Dauer: 4:09:15


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Vorstellung Stefan Brill 00:00:56.455
  3. Elektrochemie und das Ohr 00:07:30.989
  4. Das Außenohr 00:12:25.605
  5. Der Gehörgang 00:36:57.598
  6. Trommelfell und das Mittelohr 00:40:40.893
  7. Der Gleichgewichtssinn 01:04:46.841
  8. Die Hörschnecke 01:28:38.788
  9. Kommunikation in der Hörschnecke 01:59:22.493
  10. Hördefekte 02:27:11.527
  11. Hörgeräte 02:33:59.132
  12. Das Cochlea-Implantat 02:42:17.909
  13. Einbau und Inbetrienahme 03:23:50.790
  14. Weitergehende Implantate 03:57:30.292
  15. Ausblick 04:03:40.642

Transkript

Tim Pritlove
0:00:57
Stefan Brill
0:01:51
Tim Pritlove
0:01:52
Stefan Brill
0:02:01
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:03:04
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:05:02
Tim Pritlove
0:05:05
Stefan Brill
0:05:10

Ja, genau. Und der hatte dort ein Institut, das stand damals noch in voller Blüte und hatte noch andere Professoren, ein Teerhardt und ein Fastel und natürlich jede Menge Assistenten. Und das hat mich wirklich begeistert. Und ich habe bei denen unter anderem eine Studienarbeit gemacht, also so eine Projektarbeit neben dem Studium her, da ging es dann schon um digitale Signalprozessoren. Das kamen dann auch schon wieder der eine Zweig mit dem anderen zusammen. Und habe dann aber meine Abschlussarbeit nicht bei denen gemacht, sondern bin dann in der Medizintechnikfirma, habe ich das gemacht. War auch Signalverarbeitung drin, da ging es aber um so kardiologische Sachen, also Herzparameter, Herzschlag, Druckkurven und so weiter. Und dann... War ich fertig mit dem Studium und dann waren inzwischen die Anfang der 90er und dann bin ich natürlich wie alle nach Berlin und Berlin war ja damals großartig so 1990 bis 92 und dann ging mir aber so nach und nach das Geld aus und dann habe ich wieder geguckt überregional und ich saß dann gerade hier in Berlin und hatte in ich weiß nicht in einer von den großen Tageszeitungen hatte ich eine Anzeige gesehen von einer Firma die was machen wollten oder die was geplant hatten, was eigentlich alle Dinge, die ich, die ich machte und die mich interessierten sozusagen auf einen Punkt brachten. Und da habe ich mich dann halt gemeldet und zufällig war dann die Firmenchefin war auch gerade zufällig in Berlin, mit der habe ich mich dann hier getroffen. Habe ich mich im Foyer der Charité habe ich mich getroffen und die erzählte mir dann von Cochlea Implantaten. Erstaunlicherweise hatte ich zu dem Zeitpunkt, obwohl ich so verschiedene Verbindungen dazu hatte, noch nie was davon gehört, aber das Konzept war mir sofort eingängig, nämlich dass man den Hörnerv, wenn jetzt das Innenohr nicht mehr akustisch hören kann, dass man den ja eigentlich elektrisch reizen können müsste. Und so habe ich dann bei denen angefangen und wahrscheinlich, weil ich irgendwie diese ganze Vorgeschichte so...

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Der Ritter war sehr interessant, den kennt nur kein Schwein. Das ist also wirklich eine fast schon sträfliche Vernachlässigung, dass man den nicht kennt. Johann Wilhelm Ritter. Der Volta, das muss so ungefähr 1798 gewesen sein, der hat sich also von seiner elektrischen Säule, das waren noch diese elektroschemischen Säulen, hat er sich eine Elektrode ins Ohr gesteckt und hat ein brutzelndes Geräusch gehört, ist, glaube ich, in Ohnmacht gefallen. Und als er dann wieder aufgewacht ist, hat er dann so ein Paper geschrieben, auf Lateinisch, glaube ich noch, wo er diese Erfahrung beschreibt. Und dann gab es aber einen Herrn Ritter, der lebte in Jena damals und das war einer der Leute, die wirklich die Elektrochemie mitbegründet haben. Der hat unter anderem den Vorläufer des wiederaufladbaren galvanischen Element des Akkumulators entwickelt. der hat. Den ultravioletten Spektralanteil im Sonnenlicht entdeckt. Der wäre also nach heutigen Maßstäben wäre der lockerer Nobelpreisträger, aber den kennt keine Sau. Und er hat mit sich selber alle möglichen Dinge ausprobiert. Der hat also den elektrischen Strom auf sich wirken lassen, bis er kann schon sagen, bis er Invalide war. Der hat sich die und das geht endlos. Dicht die Zinkelektrode ins linke Auge und die Kupfer ins Recht und hat dann detailliert beschrieben, was er für ein rotes Flackern gesehen hat und dann die eine Elektrode in die Nase und die andere ins Auge und was er dann empfunden und wahrgenommen hat. Und der hat das eben auch mit dem Ohr gemacht. Der hat das alles, also das ist ja jetzt echt ein blödes Klischee, aber der Volta als Italiener, der macht eine Sache, fällt in Ohnmacht und schreibt drüber und der andere, der geht bis zur Grenze seiner physischen körperlichen Fähigkeit, das auszuhalten und beschreibt das alles im Detail. Und dieser Ritter, der hat publiziert in den Analen der Physik, das ist ja jetzt nun eine renommierte Zeitschrift, da ist ja einsteins e gleich mc quadrat dann veröffentlicht worden, die war zu dem Zeitpunkt damals gerade, ich glaube zwei Jahre gegründet worden und der hat dann, ich denke das muss so 1800 bis 1802 muss das gewesen sein, da hat der Ritter all diese Dinge beschrieben und da gibt es dann unter anderem eine Publikation, ich glaube die geht über 60 Seiten, wo er in blumigen Worten all das beschreibt, was er damit sich ausprobiert hat und so einer seiner Schlusssätze ist, also das mit dem Gehör, das war so ungefähr das Schlimmste, das ist jetzt nur so inhaltlich wiedergegeben, wortwörtlich kriege ich das nicht und das geht jetzt alles nicht mehr, das möchten doch bitte andere nach ihm, möchten das doch weiterführen, diese Experten. Und dann hat es die das ganze 19. Jahrhundert hat jede Menge so Charlatane gegeben, die dachten, na ja, wenn wir da Elektronen ins Ohr halten, dann können wir das heilen und das hat logischerweise alles nicht funktioniert. Und der erste wirkliche Zeitpunkt, wo man sagen kann, hier ist das mal ernsthaft versucht worden. Das war 1957 in Frankreich. Da hat es zwei Franzosen gegeben, ein Ingenieur und ein Chirurg. Und die haben wirklich den Ansatz gemacht, eine Elektrode ins Innenohr einzusetzen oder unmittelbar vor das Innenohr. Hatten das mit zwei Patienten gemacht und bei einem hat das Erfolg gehabt. Der hörte was? Natürlich auf einem ganz anderen Niveau, hat er also Höherwahrnehmungen und irgendwelche Töne, muss man dazu sagen.

Tim Pritlove
0:11:39
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Man hat überhaupt erst mal rausgefunden, dass es überhaupt geht. Bevor uns hier die Pferde durchgehen mit zu viel Details, weil sicherlich diese Implantatarbeit, an der du ja viel arbeitest, das ist eine der Dinge, auf die wir hier noch zu sprechen kommen wollen. Aber ich denke, um überhaupt erst mal verstehen zu können, was sich hier eigentlich abspielt in unserem Kopf, müsste man da einfach auch noch mal ein bisschen ein bisschen reinschauen. Ich denke, was für jeden so ein bisschen klar ist, ist, dass diese ganze Hörgeschichte extrem komplex ist. Wie auch unser Sehvermögen ist, ist das einfach so eins dieser Wunder, wo man sich immer denkt, wie schaffen wir das insbesondere. Das Problem ist, der ja genauso auch bewusst und ich denke jeder der sich auch so im Computerbereich mal so ein bisschen mit Audio auseinandergesetzt hat also um aus solchen digitalisierten Audiodaten überhaupt relevantes heraus zu holen und da irgendwas drin zu entdecken bis hin zu solchen Konzepten wie Spracherkennung und so weiter war ja ein ein sehr langer Weg und auch heute ist ist ja auch immer noch verbaut an manchen Stellen also vieles geht auf eine beeindruckende Art und Weise sofern man die Messergebnisse gut isoliert bekommt oder von vorne rein in eine definierte, isolierte Umgebung aufgenommen hat. Aber so diese gesamte Komplexität des Gehörs ist natürlich eine ganz andere Sache. Jetzt hat man wahrscheinlich irgendwann mal ein bisschen rumgeschnippelt am Menschen, das wahrscheinlich schon eher früh und festgestellt, Da ist ja so allerlei mechanisch anmutende Geschichte zu finden. Wenn man jetzt versucht. Zu verstehen, was führt dazu, dass wir hören? Also was führt dazu, dass wir aus letztlich, es ist ja nur Schalldruck in der Luft, dass wir da so komplexe Informationen heraus hören können? Wo, wo fängt das an? Wo, wo, wo? Wie entwickelt sich das? Wie kommt das in den Kopf?

Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Ja.

Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:18:46

Ja, genau. Also wir haben da tatsächlich noch Muskeln, also sogar außen auf der Rückseite am Knorpel und innen drin ganz winzige, die auch noch innoviert sind. Aber das reicht bei uns nicht mehr aus, dass wir unsere Ohren noch irgendwo gezielt hin drehen können. Aber so eine Antilope zum Beispiel, die kann das machen. Die kann also gezielt ihr Ohr in eine bestimmte Richtung drehen und dann gucken, ob da was ist. Und bei uns ist es dann so, das Ohr ist aber etwas seltsam gefaltet. Da kann man sich ja fragen, warum ist das nicht einfach nur so ein Trichter? Aber diese Faltungen des Ohres, zumindest ist das eine gängige, weitgehend akzeptierte Theorie, warum das so ist, die haben aus verschiedenen Einfallswinkeln, sind die natürlich unterschiedlich groß, und da kommt es zu Schallauslöschungen, so nach dem Motto stehende und reflektierte Wälder, gibt es halt so Schallauslöschungen bei bestimmten Frequenzen. Und wir können dadurch, dass wir jetzt diese gefalteten Außenohren haben, haben wir in unterschiedliche Richtungen nach oben, nach unten, haben wir unterschiedliche Frequenzen, bei denen diese Auslöschungen stattfinden und haben so also, was mit zwei Ohren ja eigentlich nicht zu erklären ist, wieso können wir eigentlich die Höhe hören oder wie hoch das Signal über uns ist, haben dadurch zumindest in Ansätzen eine Möglichkeit, die Richtung in der Höhe. Also sprich Elevationswinkel, heraus hören zu können. Aber das Wesentliche, wofür unsere zwei Ohren taugen, ist, dass wir Differenzen in den Schallsignalen, die die beiden Ohren erreichen, wahrnehmen können. Da gibt es im Wesentlichen drei Unterschiede. Wenn wir mal vorstellen, ganz rechts von mir habe ich eine Schallquelle sitzen, dann kommt natürlich das Signal von dem rechts von mir stehenden Lautsprecher am rechten Ohr früher an. Zweitens kommt es natürlich lauter an, weil das Schaltsignal muss um den Kopf rumlaufen und auf der anderen Seite kommt es nicht in derselben Intensität an. Und es kommt auch spektral anders an. Also das Direkt Einfallende, das ist spektral in erster Linie ungefiltert und das, was um den Kopf rumlaufen muss, da schaffen es die tiefen Frequenzen besser rum als die hohen Frequenzen. Das ist also spektral auch nochmal etwas geändert.

Tim Pritlove
0:21:05
Stefan Brill
0:21:08
Tim Pritlove
0:22:25
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:24:31
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:25:31
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
0:26:35
Stefan Brill
0:26:37

Ja, aber der ist erstaunlich klein. Also wenn ich eine Schallquelle, sagen wir mal, ich gehe genau nach rechts raus, vom Ohr weg und denke mir, dass das Schallsignal als Ebenefront ankommt, dann erreicht das natürlich das eine Ohr zu einem bestimmten Zeitpunkt, läuft dann sozusagen bis zum halben Kopf noch weiter und muss dann so einen Viertelkreis machen. Und der Laufzeitunterschied, den man dadurch kriegt, das ist so in der Gegend von 500 Mikrosekunden. Man kann es noch ein bisschen steigern dadurch, dass man die Schallquelle unmittelbar vor das eine Ohr setzt. Dann muss nämlich zum anderen Ohr wirklich ein Halbkreis gelaufen werden. Also einmal rum um den Kopf, dann sind wir so ungefähr bei 680-700 Mikrosekunden. Und das ist unheimlich kurz und das ist auch wirklich erstaunlich, dass unser Nervensystem das transportieren kann. Weil wenn man sich die Nervenfeuergeschwindigkeit eines einzelnen Nervs anguckt, dann kann der normalerweise höchstens so ungefähr 300 mal in der Sekunde einen Impuls abgeben und dann sind wir bei 3 Millisekunden Abstand zwischen einem und dem frühestmöglichen nächsten Feuern eines Nerfs. Und wie soll dann dieses Nervenskellett Zeitdifferenzen von 700 Mikrosekunden überhaupt kodieren und auflösen? Und es geht ja noch weiter. Das sind ja jetzt nur die extremsten Zeitunterschiede, die es gibt. Wenn das Schallsignal kommt komplett aus einer Achse. Aber wenn wir ein Experiment machen, was wirklich sauber konstruiert ist, wo wir Leute in so ein Schallfeld setzen, dann haben wir in Blickrichtung genau vor uns, haben wir eine Winkelauflösungsgenauigkeit von einem Grad, von einem Winkelgrad. Das ist so der gerade ebenmärkliche Unterschied an Winkeleinfallsrichtung. Und da geht es dann um Laufzeitdifferenzen, die ungefähr bei zehn Mikrosekunden liegen. Das ist unglaublich schnell und auf eine wundersame Art und Weise ist unser Gehörsystem in der Lage, diese Zeitunterschiede zu messen und in unserem Bewusstsein oben dann als eine Richtung, wo der Schall herkommt, sozusagen sich manifestieren zu lassen. Aber das Nervenkostüm an den entsprechenden Schaltstellen kann diese Zeitunterschiede auflösen. Das ist überhaupt so ein Merkmal von unserem Gehörsystem. Unser Gehör ist eigentlich das, was unheimlich gut mit Zeit umgehen kann. Unser Gehör ist eigentlich auch so eine Art Zeitwahrnehmungs- und Zeitmessorgan könnte man vielleicht sagen. Diese Dinge kann unser, akustisches Neurokostüm außerordentlich gut?

Tim Pritlove
0:29:29
Stefan Brill
0:30:11

Ja, das gibt sich ausschließlich auch aus der Ohrform und natürlich aus der, sagen wir mal, spektralen Zusammensetzung des Signals. Andere Möglichkeiten an diese vorne-hinten Informationen ranzukommen, haben wir nicht. Aber da gibt es auch vergleichsweise viel Verwechslung. Wenn man also jetzt ein naives Experiment in einem schalltoten Raum macht und sich denkt, das muss doch ganz einfach sein vorne und hinten, da kommt man manchmal drauf, dass es eben doch nicht so leicht ist. Wir benutzen also, in dem wie wir im Alltag herumlaufen, benutzen wir natürlich noch eine Menge andere Informationen, die zum Beispiel auf Reflektionen in Räumen beruhen. Dass wir also jetzt solche Dinge auch noch können. Das ist ja auch noch etwas, was wiederum eine ganz besondere Leistung unseres Gehörs ist, dass wir Sprache verstehen können, obwohl jetzt die Schallquelle, sprich der andere Sprecher, dem wir zuhören wollen, nicht nur auf direktem Schallwege zu hören ist. Da kommt es zwar mit höchster Intensität und am schnellsten an. Aber so eine Sprache wird ja auch noch zigmal überall wieder an den Wänden reflektiert und das kann man auch sogar sehr schön grafisch darstellen, wenn man sich das mal aufzeichnet oder anzeigen lässt in einem technischen System, wie denn so ein schneller Klick in einem relativ halligen Raum dann ausschaut. Da sieht man also also tausend nachklingende Nachklicks. Und das überlagert sich natürlich dem ersten Signal. Und wenn es dann zum Beispiel um Sprache geht und wir diese ganzen reflektierten Anteile, etwas geschwächten Anteile, die alle noch zeitverzögert hinterherkommen, auch noch mit drauf rechnet, muss man sich eigentlich wundern, dass das überhaupt geht, dass wir das überhaupt können.

Tim Pritlove
0:32:00
Stefan Brill
0:33:19
Tim Pritlove
0:34:12
Stefan Brill
0:34:14
Tim Pritlove
0:34:32
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:37:18
Tim Pritlove
0:37:19
Stefan Brill
0:37:38
Tim Pritlove
0:38:19
Stefan Brill
0:38:21
Tim Pritlove
0:38:27
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:39:05
Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:40:23
Tim Pritlove
0:40:28
Stefan Brill
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Ja, es ist nicht ganz so. Man findet das in Darstellungen öfter mal so, als wäre das so eine gespannte, glatte Membran, wie wirklich das von einer Trommel. Das stimmt aber nicht. In Wirklichkeit ist das trichterförmig. Nach innen geht es also rein. Also man muss sich das eher so vorstellen, wie vielleicht eine Lautsprechermembran, die so nach innen gewölbt ist. Und das hat einerseits eine mechanische Eigenschaft, das ist in sich etwas stabiler. Und es ist so, dass das Trommelfell so ein bisschen durchsichtig ist, wenn man von außen rein guckt, als Mediziner mit einem entsprechenden Instrument. Dann kann man auch so ein bisschen da durchgucken und sieht so ein bisschen so durchscheinend, sieht man die Strukturen, die hinter dem Trommelfell liegen. Hinter dem Trommelfeld haben wir dann das Mittelohr. Und das auffälligste, was man jetzt von außen auf dem Trommelfeld sieht, ist der Griff des Hammers. Der Hammer ist das erste von den drei Gehörknöcheln, die dann dahinter kommen. Und der Hammergriff, der klebt sozusagen etwas mehr als über den Radius des Trommelfelds klebt der innen dran. Wenn man das von außen sieht, wenn man auf ein rechtes Ohr, ein rechtes Trommelfell von außen drauf guckt, dann sieht man innen drin den Hammergriff, dran kleben und der steht so etwa auf einem 11-Uhr-Winkel, ist also sozusagen nach vorne geneigt bei einem rechten Ohr. Beim linken Ohr ist es natürlich symmetrisch anders. Und das schwingende Trommelfell, was jetzt ja mit den Schallwellen, die von außen einfangen, mit schwingt, das setzt dann auch den Hammer in Bewegung, der wiederum mit einem Gelenk verbunden ist mit dem Amboss und der wiederum mit einem kleinen Gelenk verbunden ist mit dem Steigbügel. Und hinter dem Steigbügel geht es dann ins Innenohr rein.

Tim Pritlove
0:42:52
Stefan Brill
0:43:19

Also das Mittelohr, vielleicht sollten wir erstmal kurz plausibel machen, wie das ungefähr aussieht, das Mittelohr. Also das Mittelohr ist eine Höhlung im Knochen, die hinter dem Trommelfell sitzt. Und die nicht allzu sehr in die Tiefe geht. Wenn man also auf die gegenüberliegende Seite hinter dem Trommelfell drauf schaut, die ist ziemlich nah. Das ist gerade mal so zweieinhalb Millimeter ungefähr weg. Da kommt so eine Knochenwölbung hervor. Dahinter sitzt nämlich schon das Innenohr. Diese Knochenwölbung sitzt also relativ nah am Trommelfell dran und es geht dann aber Aber nach hinten oben wird es größer und weiter und nach vorne unten geht es in die eustachische Röhre, in die Ohrtrompete. Diese Ohrtrompete steht in Verbindung mit unserem Nasen-Rachen-Raum, da ist also eine Öffnung dahin. Die ist aber normalerweise geschlossen. Das dient zum Druckausgleich. Und wir können uns ja jetzt vorstellen, dass so ein Trommelfell nicht nur Schallwellen aufnimmt und schwingt, sondern es gibt ja auch einen statischen Druck. Wenn das Trommelfell sozusagen in seiner Ruheposition sein soll, dann muss der statische Druck zwischen Außenwelt und Innenwelt gleich sein, sonst ist es erstmal grundsätzlich vorgewölbt, ein oder auswärtsgewölbt. Das heißt also, das System muss in der Lage sein, zwischen dem Außen- und dem Innendruck einen Ausgleich herzustellen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch wieder Quatsch, einfach eine permanente Dauerverbindung dort zu machen, weil dann hätte der Schall ja sozusagen, jetzt mal ganz salopp gesprochen, einen einfacheren Weg, als das Trommelfell in Schwingung zu setzen, dann würde es einfach den Umweg nehmen und einfach da durchlaufen.

Tim Pritlove
0:45:13
Stefan Brill
0:45:48
Tim Pritlove
0:45:49
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
0:46:28
Tim Pritlove
0:46:45
Stefan Brill
0:46:49
Tim Pritlove
0:47:05
Stefan Brill
0:47:22
Tim Pritlove
0:48:11
Stefan Brill
0:48:12

Ja, je nachdem, ja das repariert sich. Je nachdem wie groß das ist, muss man unter Umständen mal ein bisschen nachhelfen. Das kann, kann man zum Beispiel dadurch, also das ist so richtig der, der Alltagsbetrieb an den HNO-Kliniken. Also da kommen täglich mehr, möchte ich mal fast sagen, Patienten rein, denen aus irgendwelchen Gründen sowas passiert ist. Und was die Ärzte dann machen, die schienen das und nennen die das, so wie ein Knochen. In Wirklichkeit ist das so, dass man ein dünnes Plättchen aus zum Beispiel ganz feinem dünnen Folienmaterial auf das Trommelfell auflegt, das Trommelfell soweit es noch besteht sozusagen daran anlegt und dann wächst das schon wieder zusammen. Das ist also ganz normal, dass das Trommelfell wieder zusammenwächst, wenn die Verletzung nicht zu groß ist. Man muss ja auch manchmal, Gerade bei Kindern ist das relativ häufig, dass die sich so eine Mittelohrentzündung zuziehen. Das ist so in Fällen, wenn das Wachstum mal so Phasen hat, wo die eine Sache schon ein bisschen größer als die andere. Ja, Schmerzen und so. Da kann das also mal sein, dass die Ohrtrompete, dass die österreichische Röhre nicht so ohne Weiteres aufgeht oder auch zum Beispiel permanent aufbleibt. Und dann ist es so, dass wenn man jetzt eine Infektion hat, die sich da ins Trommelfell hoch bewegt, dass dann das nicht mehr sauber rausgeräumt wird durch den Ausgang in die Ohrtrompete. Und wenn man da eine Entzündung drin sitzen hat, dann muss man manchmal so einen kleinen Schnitt ins Trommelfell machen, damit der ganze Eiter und Entzündung rausläuft. Und manchmal setze mal so einen kleinen Stöpsel ein, der das sogar noch aufhält, so ein Röhrchen, damit da also Belüftung da ist und irgendwann halt das Trommelfell wieder zu und das Röhrchen dieses mini Also jetzt so ein Millimeter großes Ding das fällt dann raus und dann ist das Trommelfell wieder in Ordnung was wirklich ernst ist ist sozusagen nach hinten oben im Mittelohr dieses diese Dachwölbung könnte man das sagen da wo das Gelenk zwischen Hammer und Amboss drin sitzen da ist nicht Schluss Also es wird immer so dargestellt, als wäre da jetzt Ende. In Wirklichkeit kommen da aber noch eine ganze Reihe von Schleimhaut ausgekleideten Zellen in dem Knochen dahinter, kommen da noch und wenn da mal eine Entzündung da drauf überspringt und sich da in diese Höhlungen pneumatisiert, es sind pneumatisierte Knochen, so nennt man das, hat also so Lufthöhlungen drin. Wenn da mal eine Entzündung reinkommt, dann kann es wirklich ernst werden, dann kann es lebensbedrohlich werden und dann muss man da auch operativ ran und muss das aufmachen und da diese ganze Entzündung ausräumen. Das ist jetzt nicht so wahnsinnig häufig, aber das kann schon auch mal ernst sein.

Tim Pritlove
0:51:02
Stefan Brill
0:51:50

Dann? Ja, wir sollten vielleicht die Aufgabe, die das hat, mal kurz anreißen. Das Trommelfell wird ja durch Luft bewegt. Und der Schall muss in Flüssigkeit rein, ins Innenohr. Das Innenohr ist flüssigkeitsgefüllt. Wir müssen jetzt also aus einem akustisch weichen Medium, Luft, in ein akustisch viel härteres Medium, Wasser, müssen wir die Schallwelle reinbringen. Normalerweise bei solchen Grenzübergängen wird es reflektiert. Diese Reflektion hat man ja an all möglichen Übergängen. Also wenn ich an einem See stehe und ich spreche auf die Wasseroberfläche drauf, der Taucher da drin hört das nicht. Und zwar weil einfach die Schallenergie an dieser harten Grenzfläche reflektiert wird. Diese Art von Reflektion gibt es ja auch bei optischen Grenzübergängen. Unterschiedlich dichte optische Medien, auch wieder Luft, Glas, Luft, Wasser. Da gibt es also diese Reflexionseffekte. Gibt es natürlich elektrisch auch, wenn man also eine elektrische Leitung hat, sagen wir mal, ein Koaxialkabel oder so und man schickt da ein Hochfrequenzsignal drüber und man hat an einer Stelle, weckelt man auf einmal auf ein anderes Kabel mit anderen Eigenschaften. Da wird ein Teil der da rein laufenden elektrischen Energie wird reflektiert, geht gar nicht in das andere rein. Technisch gesehen ist das ein Unterschied in der Impedanz, also sozusagen ein Unterschied im, ganz elektrotechnisch komplexen Widerstand, komplex im Sinne von mathematisch komplexer Zahl. Aber das wird ja jetzt als komplexe Widerstände mathematisch beschrieben. Und das Problem haben wir hier auch. Wir haben also das Problem, dass wir aus Luftschall, Flüssigkeitsschall machen müssen und dass eigentlich das alles ganz gerne reflektiert würde. Wie kriegen wir aber jetzt, wir wollen ja möglichst viel höher an, es ist ja evolutionär notwendig gewesen, möglichst schallempfindlich zu sein. Alle die, die was gehört haben, haben überlebt. Alle die nichts gehört haben, wurden gefressen oder haben die Warnrufe nicht gehört oder so was. Und jetzt muss man also dafür sorgen, dass dieser akustisch weiche Schall, das ist jetzt sehr naiv beschrieben, in ein hartes Medium übertragen wird. Und das ist die Aufgabe vom Mittelohr. Wir haben jetzt eine große Empfangsfläche, das Trommelfell, im Vergleich zu einer kleinen Fläche, die in die Flüssigkeit reingeht. Wir haben also die Gehörknöchelchen, die die Schallschwingungen des Trommelfells aufnehmen und weiterleiten. Und das letzte Gehörknöchelchen, der Steigbügel, der hat so eine ovale Platte, mit der er sozusagen in die Flüssigkeit hineinpumpt. Aber die Fläche dieser ovalen Platte ist viel, viel kleiner, als die Fläche des Trommelfels. Das ist im Prinzip sowas wie Hydraulik. Ich will mit wenig Kraft, aber großer Fläche und großer Auslenkung, kann ich viel Kraft, aber kleine Auslenkung auf eine kleine Fläche bringen. Also das Getriebe-Prinzip oder das Transformator-Prinzip ist das immer. Ich habe hohe Spannung, wenig Strom, übersetze ich in viel Strom, aber wenig Spannung der Transformator. Oder ich habe eine hohe Rotationsgeschwindigkeit mit wenig Kraft, schnell laufender Motor, wird durch ein Getriebe transformiert auf langsam drehend aber viel Kraft das Rad. Das Getriebe im Auto beispielsweise. Oder ein klassisches Beispiel auch Hydraulik. Ich habe irgendwie so ein geschlossenes Ölvolumen und ich pumpe an einer Stelle rein mit einem kleinen Durchmesser mit einem Kolben, den ich aber dann viel bewegen muss. Ich schiebe also ein bestimmtes Volumen rein und an der anderen Stelle habe ich einen großen Kolben, der wird durch dasselbe Volumen rausgedrückt. Aber weil er groß ist, kriege ich mit dem selben Druck viel mehr Kraft drauf. Das ist das selbe Prinzip hier. Ich habe also hier eine große Fläche, die relativ groß schwingt, übersetzt durch das Mittelohr auf eine kleine Fläche, die wenig schwingt und das ist die Impedanzwandlung. Ich kriege also aus einem akustisch weichen Medium viel Energie in das akustisch harte Medium Flüssigkeit.

Tim Pritlove
0:56:23
Stefan Brill
0:56:53
Tim Pritlove
0:57:04
Stefan Brill
0:57:06

Ja, da gibt es zwei Stufen. Die erste Stufe, das haben sich schon die Reptilien ausgedacht. Die haben nur den Steigbügel. Das habe ich mal in Chicago gesehen. In Chicago gibt es ein großes naturwissenschaftliches Museum, Fields Museum und die haben da ein Tyrannosaurus Rex. Ein komplettes, vollständiges Skelett von einem Tyrannosaurus Rex rumstehen. Das ist also wirklich toll. Sollte man sich wirklich mal angucken, ist auf so Stahlträgern so aufgebaut. Man sieht eigentlich gar nicht, dass das getragen wird. Wirklich, ich meine, es ist ein versteinertes Skelett, also wirklich Stein, was die da aufgestellt haben. Und der Kopf war aber so schwer, dass das nicht geklappt hat. Den haben sie separat rausgelagert und haben den Kopf aber nachgegossen in, ich weiß nicht, irgendwie Kunststoff oder so. Und dann haben die beim Präparieren, ist wohl irgendjemand dabei gewesen, als der rauspräpariert wurde aus dem Stein und hat so eine kleine Struktur gefunden. Und das ist die Kolumella. Das ist das, was bei den Reptilien, also sprich Dinosauriern und Vögeln, der Steigbügel war. Das ist nur ein einziger Knochen. Bei denen, also bei unseren großen Vettern, der andere große Zweig der Landseu der Nabeltiere sozusagen. Die haben wir eine gemeinsame Erfindung mit denen und zwar die, dass wir nicht mehr im Wasser leichen müssen. Also die Amphibien, die haben ja ihre, die Bravani immer noch auf Wasser angewiesen, wenn sie sich fortpflanzen wollten. Und unsere gemeinsamen Vorfahren haben die grandiose Erfindung gemacht, dass wir unser Fruchtwasser mitnehmen können. Und dass wir deswegen auch wirklich aufs trockene konnten.

Tim Pritlove
0:58:54
Stefan Brill
0:58:56
Tim Pritlove
1:00:16
Stefan Brill
1:00:18

Könnte man sagen, aber das ist im Prinzip auch noch mal dieses Getriebe-Prinzip. Kleines Zahnrad, großes Zahnrad. Genau, langer Hebel, viel Auslenkung, geht auf kurzen Hebel, wenig Auslenkung, aber dann mehr Kraft. Und was entwicklungsgeschichtlich wirklich eine faszinierende Sache ist, dass dieses Gelenk zwischen Hammer und Ambos, das war bei unseren gemeinsamen Vorfahren, also unseren Säugetier- und Dinosauriervögel-Reptilien-Vorfahren, die gemeinsame Vorfahren, bei denen war das, und bei denen davor natürlich erst recht, also bis zu den Fischen zurück, war das eigentlich das Kiefergelenk. Und das Kiefergelenk ist sozusagen nach und nach nach hinten gewandert. Ursprünglich bestand der Kiefer aus zwei Knochen vorne und der vorderen Zahnteil und dem Os. Quadratum oben und Os, ich glaube Articulum unten. Und die beiden waren sozusagen verwachsen mit dem Oberkiefer und dem Unterkiefer und hatten dieses Gelenk. Und die haben sich nach und nach nach hinten verlagert, sind kleiner und kleiner geworden, haben sich dann sozusagen, den Stapes hat es gewissermaßen schon immer gegeben, ist jetzt sehr salopp, aber. Und die haben sich sozusagen nach hinten verlagert und sind in der ganzen Säugetierwelt, sind die zu Hammer und Ambos geworden. Ambos ist früher der obere Teil, Hammer ist der untere Teil gewesen. Und der vordere Teil der beiden Knochen oben und unten, was ursprünglich nur der Zahnteil ist, der ist nach hinten immer größer und größer geworden und hat dann irgendwann die Gelenkfunktion mit übernommen. Also wenn man diese ganzen Änderungen, also wir reden jetzt noch von der Zeit, wo das auseinandergelaufen ist, Vor Dinozaue, also Erzeitalter Perm, vor Mesozoicum. Da ist das sozusagen auseinandergelaufen und wir haben...

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Ja, also gehen wir erstmal von der Notwendigkeit aus, was man braucht. Gehen wir mal vom Fisch aus. Fisch kann sich dreidimensional bewegen oder befindet sich in einem dreidimensionalen Raum, in dem er sich prinzipiell bewegen kann. Der kann vor zurück, seitwärts und hoch und runter. Viele Säugetiere sind im Wesentlichen zweidimensional hoch und runter gibt es nicht für eine antilope die bewegt sie eigentlich in der Ebene Wir sind sozusagen zweieinhalb dimensional könnte man vielleicht mal sagen wir können bäume rauf und runter klettern wir haben einen sinn für hoch hoch und runter Aber so richtig frei in der dritten dimension sind wir eigentlich nicht das sind die vögel wieder die können rauf und runter fliegen die haben Okay, wenn man also jetzt mal von der dreidimensionalen Welt ausgeht, in der man sich orientieren und bewegen will, dann ist es sinnvoll, ein sensorisches System zu haben, was die 6 Freiheitsgrade der Bewegung im dreidimensionalen Raum messen kann. Und zwar gibt es 3 translatorische Vor-Zurück, Rechts-Links, Rauf-Runter. Das sind aber reine Verschiebebewegungen. Dann gibt es drei rotatorische Bewegungen. So um die Achse, um die Vorwärtsachse drehen, dann vorwärts kippen oder zurück, also Schaukelstuhl und rechts-links drehen. Und die Fische, die haben für diese sechs Bewegungsmodi, Mechaniker reden eben von sechs Freiheitsgraden der Bewegung, also ich habe irgendeinen Körper hier, ich bewege den irgendwie woanders hin und dann kann ich jede Positionsänderung eines Körpers im dreidimensionalen Raum kann ich aus diesen sechs Komponenten zusammensetzen. Ein bisschen vorwärts, ein bisschen seitwärts, ein bisschen rauf, aber dann um so viel Winkel darüber, darüber, darüber gedreht. Dafür ein Sinnesorgan zu haben, wäre eine schlaue Sache und die Fische haben das entwickelt. Die Fische haben deswegen diese drei Bogengänge. Das sind drei Höhlungen mit flüssigkeitsgefüllte Windungen drin. Die stehen genau senkrecht zueinander. Und wenn ich jetzt einen solchen Bogengang so orientiert habe und ich drehe genau um die Mittelachse dieses Bogengangs, dann kann dieser Bogengang diese Rotationsbewegung messen, während die anderen beiden nichts messen.

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Ganz genau. Also es gibt dann in den Borgengängen, da wo die zusammen laufen, die sind also an einer Stelle gemeinsam miteinander flüssigkeitsverbunden. Da gibt es in der Nähe davon, gibt es so Verdickungen. Also wie gesagt, das muss man sich jetzt vorstellen als Hohlräume, also ringförmige Hohlräume in einem sehr festen Knochen eingebettet. Diese Hohlräume sind flüssigkeitsgefüllt und ich habe an bestimmten Stellen Verdickungen, das sind die Ampullee und da drin sitzt ein Sensorium, was diese Flüssigkeitsbewegung aufzunehmen in der Lage ist. Und wenn ich jetzt eine entsprechende rotatorische Bewegung des Kopfes ausführe, dann kommen halt partiell einige von diesen Bogengängen, kommen dann halt in Bewegung und je nachdem genau wie die Drehbewegung stattfindet, halt auch mal einer, wenn es genau um dessen Achse geht, in voller Ausprägung und anderer vielleicht gar nicht. Und natürlich ist es auch so, so ähnlich wie bei der Kaffeetasse, wenn ich die drehe und drehe und drehe und einfach gleichmäßig weiter. Irgendwann geht der Kaffee schon mit, weil da ist ja Reibung zur Wand. Irgendwann ist die Flüssigkeit in Synchronisation, also dreht sich mit dem ganzen System durch. Wenn ich dann auf einmal die Kaffeetasse wieder festhalte, dann dreht sich die Flüssigkeit weiter. Das ist dieser Drehwurm. Wozu Drogen, wenn ich Drehstühle habe? Setze ich also auf den Drehstuhl und drehe mich so lange, bis alle Flüssigkeit sauber mitgehe und dann halte ich das Kind fest und das Kind findet das ganz priver, das jetzt dadurch dagegen torkelt, weil es Fehlinformation bekommt. Die Flüssigkeit rotiert innen drin weiter, ein bisschen langsam nach und nach wieder zum Stillstand kommt, ist ja auch klar. Und solange die Flüssigkeit weiter rotiert, kriege ich die falsche Information, dass ich mich noch im Raum drehe.

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Ja.

Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Ich war ja mal eben in einem Parabellflug. Kurz gesagt, die viel zu schnell vorübergehende Herstellung von nicht kompletter Abwesenheit von Gravitation, aber der Einfluss der Schwerkraft wird halt so weit reduziert, dass man sich halt schwerelos fühlt. Es gibt dann auch so diverse Restkräfte, die aber an der Stelle keine Rolle machen, weil man schwebt bereits durch die Luft und ist so sehr damit beschäftigt, dass man sich um diese paar Zahlen hinter dem Komma nicht noch groß kümmern würde. Und diese Schwerelosigkeit im Parabelflug wird ja dadurch hergestellt, dass man eben das Flugzeug mit einem enormen Schub für eine Weile so 45 Grad nach oben schießen lässt. Und da merkt man überhaupt erstmal, was für eine Power in so Flugzeugtriebwerken drin stecken kann oder generell halt auch drin steckt. Um das halt überhaupt erstmal zu leisten, ist in dem Zeitpunkt dieses Einknickens in diesem Flug nach oben, nimmt die Beschleunigung auf den Körper erstmal enorm zu. Also man landet dann so bei 1,5 bis 1,8 g. Also bevor man quasi 0G erreicht, muss man zwischenzeitlich auf 1,5 bis 1,8G beschleunigt werden. Das ergibt sich halt einfach durch diese Flugbahn und in dem Moment, wo man dann so bei wirklich bei 45 Grad ist und die Piloten, da wird ja von drei Piloten gleichzeitig geflogen, auch eine total abgefahrene Sache. Da kümmert sich sozusagen auch jeder um, also ein Pilot kümmert sich um den Winkel, der Also kümmert sich um die Geschwindigkeit und der andere um das links-rechts Ding, also voll abgefahrene Nummer. So, und dann wird halt einfach der Schub rausgelassen, man hört das auch so richtig, die Triebwerke gehen aus, also nicht komplett aus, aber kein Schub mehr, so und man fällt einfach nur noch. Und das sind dann halt diese magischen 22 Sekunden, die man dann einfach fällt und in dem Moment gleicht quasi der Fall des Flugzeugs, der am Anfang natürlich noch nach oben geht, weil man eben so eine unglaubliche Geschwindigkeit hat, die Anziehung der Gravitation außer, dass man eben bei 0 g ist. Und dann am Schluss gibt es halt nochmal etwas mehr Beschleunigung. Und das Problem ist, dass wenn man diese Phase gut überstehen will, Das war's für heute. Bis zum nächsten Mal. Verhindern musst, dass es einem schlecht wird. Und im Wesentlichen ist es wohl so, dadurch dass unser Gleichgewichtsystem ja nicht für 1G gemacht ist, sondern so eine Überlast auf einmal stattfindet, die man normalerweise ja so nicht hat. Also wenn man sich auf dem Planeten bewegt, dann ist irgendwie immer alles 1G. Also es sei denn, man springt halt irgendwo vom Berg oder so, ganz klar, aber dann hat man eh andere Probleme. Durch diese Überbeschleunigung wird da irgendwie alles zusammen gedrückt, sodass man das, dass der Körper eigentlich eine falsche Information bekommt. Weil quasi die Basis, dieses 1G bricht auf einmal weg und auf einmal werden so die relativen Geschwindigkeiten falsch berechnet. Also vielen wird dann halt deshalb schlecht, so wo das mehr erläutert, weil man in dem Moment, wo halt das Auge irgendeine Bewegung sieht, also wenn man so hin und her guckt, dann meldet halt das Auge so, Dinge bewegen sich, während das Gleichgewichtssignal halt sagt so, hier bewegt sich einfach mal gar nichts, weil hier liegt irgendwie alles nur platt zusammengepresst rum und aus diesem Differenzsignal macht dann das Hirn diese Notstandsmeldung mit unterschiedliche Wahrnehmungen deiner Sinnesorgane. Wahrscheinlich bist du vergiftet, fang mal besser an zu kotzen, weil sonst wird es alles noch viel schlimmer. Das ist so diese kritische Phase. Man wird da mit allerlei Medikamenten vollgepumpt, um diese Reaktion zu entschleunigen. Jetzt habe ich viel erzählt. Wie geht das hier, du warst wahrscheinlich noch nicht in einem Parabelflug, wie würdest du das sozusagen hier auf die Funktionsweise des Gleichgewichtsorgans übertragen?

Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Soweit möchte ich mich nicht aus dem Fernsehen verlehnen. Ich glaube nicht so richtig. Und wie das dann in der Wahrnehmung ist, wie das dann oben bei uns im Bewusstsein kommt, das ist ja immer noch mal eine ganz andere Sache. Aber wenn wir uns diese schneckenförmige Windung im Knochen anschauen und wir würden das jetzt mal so im Querschnitt sehen, das heißt, wir würden die Schnecke von der Spitze her spalten und würden uns den Querschnitt angucken, dann würden wir von einer Windung der Schnecke, würden wir erst mal in gröbster Näherung sagen, das ist ein kreisförmiger Querschnitt, der an einer Seite so scharf eingezogen ist nach innen. Man könnte jetzt sagen, das ist so nierenförmig, stimmt aber nicht ganz. Für die Nerds unter den Hörern eine Kardioide, diese mathematische Kurve, die so eine Einschnürung an einer Seite hat, also so ein Kreis mit einer scharfen Einschnürung in die Mitte hin. Das trifft meines Erachtens am am ehesten, wie man den Querschnitt einer Windung des schneckenförmigen Tunnelgangs sich vorstellen muss. Und das bedeutet, diese Einschnürung, die ist aber auf der Innenseite, also da, wo die Schnecke ihre zentrale Achse hat, von dort in die Windung hinein geht diese Einschnürung. Und diese Einschnürung, die kann man sich als einen kleinen Knochensteg vorstellen, in diesen flüssigkeitsgefüllten Hohlraum der Schneckenwindung hinein ragt. Von diesem Knochensteg, der auf halber Höhe in die Schneckenwindung innen rein ragt, spannt sich ein Membran auf die gegenüberliegende Seite.

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Richtig, das hat eben, weil es eine trägemasse darstellt, eine trägeschwingende Masse. Weil wir aber von Schall reden, wir haben ja einen Steigbügel, der jetzt ein Schall Signal in die Schnecke reinschickt, müssen wir auch erstmal von der Schallgeschwindigkeit reden, mit der das da reinläuft. Wir haben ja, In der Außenwelt haben wir ja Luftschall. Das Schalllaufgeschwindigkeit sind so ungefähr 335 Meter pro Sekunde Schallgeschwindigkeit und in Flüssigkeit, in Wasser ist das viel höher. Das sind ungefähr so 1700, 1800 Meter pro Sekunde, je nachdem noch wie die Flüssigkeit zusammengesetzt ist. Und das geht natürlich rasend schnell. Das hat jetzt mit diesem Impedanzausgleichsphänomen des Mittelohrs erstmal gar nichts zu tun, wie schnell die Laufzeiten da drin sind. Aber Wenn der Stapel…. Hinein pumpt in die Flüssigkeit, dann sendet er ja, auch wenn das langsam ist, sendet er gewissermaßen eine Schallwelle rein in die Flüssigkeit, wie man in so ein Rohr eine Schallwelle rein senden kann, wenn das Luft- oder Flüssigkeitsgefüllt ist, dann läuft die einfach da lang und so sendet auch der pumpende Stapes in diese Flüssigkeit hinein, in die Flüssigkeit hinein, eine longitudinal längs laufende Schallwelle und die ist es die sozusagen wenn man das das in diesem statischen langsamen hin- und herpumpzustand uns überlegen wenn ich also jetzt Den stapes reindrücke dann kommt um diese laufzeit verzögert kommt unten die membran raus das ist ja Die laufzeit des schalt das natürlich auch dann so wenn ich es ganz langsam mache Schall läuft ja nicht deswegen schneller weil man eine niedrige frequenz hat also auch dann so wenn man es ganz langsam macht nur für so den Beobachter, der das sich so mental vorstellt, wirkt das instantan. Ich schiebe einfach hier so eine Flüssigkeit hin und her. Aber in Wirklichkeit geht das natürlich mit der Laufgeschwindigkeit von der Schallwelle. Weil aber das ganze System so irrwitzig klein ist und die Schallwelle in Flüssigkeit unheimlich schnell läuft, kann man in erster Näherung mal so tun, als wäre das instantan. Das ist jetzt mal nur am Rande gesprochen. Wenn man jetzt aber zu höheren und höheren Einprägefrequenzen wechselt, also langsam die Schwingfrequenz des Stapes hochdrehen, dann wird es physikalisch vom Energieaufwand immer unangenehmer, wenn das System die ganze Flüssigkeit hin und her pumpen muss. Und jetzt fängt das System irgendwann an und da wird es wirklich unglaublich schlau und da steht man immer wieder davor und staunt Bauklötze was die Evolution dazu stande gebracht hat jetzt fängt irgendwann an die Flüssigkeitssäule nicht mehr den Umweg übers Helikodrehm zu gehen sondern das ist der höchsten Punkt über diesen höchsten Punkt wo die beiden Flüssigkeitshälften miteinander in Verbindung stehen sondern sagt sich menschlich gesprochen, da verbiege ich doch lieber die Membran. Das heißt also, anstatt dass die Flüssigkeit oben rum läuft, bollt sich die Membran nach unten aus bzw. schwingt wieder zurück. Das heißt also, das Hin- und Herpumpen der beiden Flüssigkeitshälften... Nimmt jetzt salopp gesprochene Abkürzung, indem die Membran hoch und runter ausgelenkt wird. Und das Ganze passiert je nach Frequenz an unterschiedlichen Stellen.

Tim Pritlove
1:46:44
Stefan Brill
1:46:50
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Jetzt gehen mehrere Sachen Hand in Hand. Ich hatte ja ursprünglich gesagt, die Membran unten im Eingangsbereich ist zur gegenüberliegenden Seite relativ kurz und nach oben wird sie immer länger. Sieht die gespannte Weite der Basilarmembran. Und das hat schon der alte Helmholtz gewusst. Also hier ist doch hier in Berlin das Helmholtz-Institute, Helmholtz kennt man. Und der hatte damals schon gesagt, Moment mal, das ist ja so, als hätte ich sozusagen aneinander liegende, gespannte Seiten, wie von einem Seiteninstrument, die immer von diesem Knochensteg zur gegenüberliegenden Wand gespannt sind, kann ich diese Membranien interpretieren als infinitisimal dicht aneinander liegende schwingende Seiten. Und jetzt sind die da unten kürzer, so wie bei einem Seiteninstrument. Kurze Seite, hohe Frequenz. Die weiter drin sind länger, also eher für eine tiefe Frequenz zuständig. Deren Schwingungsvorzug ist bei einer tieferen Frequenz. Und da hatte der damals schon gesagt, das ist schon ein spektraler Analysator. Der macht jetzt schon eine Umsetzung der Frequenzanteile im Schallsignal auf verschiedene Stellen im Ohr. Das Ganze ist aber doch noch ein ganzes Stückchen komplexer. Aber diese Dinge gehen zumindest Hand in Hand. Wir haben also einerseits die energetische Anstrengung mehr oder weniger Flüssigkeitssäule hin und her pumpen zu müssen. Je höher die Frequenz, desto energetisch günstiger ist es, wenn ich gar nicht die ganze Flüssigkeit solle pumpe, sondern wenn ich früher und früher und früher stattdessen die Membran sich verbiegen lasse. Das hat natürlich auch seinen Preis. Die Membranverbiegung will ja als energetisch-physikalisch gesprochen, will ja auch bezahlt sein. Braucht man ja auch Energie dafür, die zu verbiegen. Deswegen geht es bei ganz langsamen niedrigen Frequenzen trotzdem obenrum, weil das wiederum günstiger ist, als die Membran zu verbiegen. Ja. So und wenn ich also jetzt zu höheren und höheren Frequenzen gehe, gehen diese drei Dinge Hand in Hand. Erstens, dass die Breite der Membran nach unten hin immer kürzer wird. Zweitens, dass die Flüssigkeitssäule, die ich hin und her pumpen muss, immer weniger Masse ist, die ich bewegen muss. Und drittens habe ich noch ein gewundenes System. Das heißt also tiefe Schallwellen gehen, jetzt mal ganz salopp gesprochen, gehen leichter um die Ecke als hohe Schallwellen.

Tim Pritlove
1:49:18
Stefan Brill
1:49:21
Tim Pritlove
1:49:58
Stefan Brill
1:50:05
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Ja, und dann kommt noch was anderes hinzu. Betrachten wir uns mal diese Membran, die sozusagen hoch und runter verbogen wird, je nachdem welche Frequenz ich einpräge. Das kann man sich natürlich wie so eine rauf und runter schlackernde Teppichblase vielleicht vorstellen, aber in Wirklichkeit ist das auch noch mal komplizierter. Das ist erst so Mitte dieses Jahrhunderts dann entdeckt worden, als man sich das mal so richtig ganz genau angeguckt hat. Jetzt hat man festgestellt, Und in dem Bereich, wo diese Membran auf und ab schwingt, schwingt das ja gar nicht so naiv wie eine Teppichblase rauf und runter, sondern in dem Bereich schwingt das sowieso wie kleine Wellen. Das heißt also der Bereich, der überhaupt schwingt, schwingt nicht wie eine Teppichblase flap flap flap rauf und runter, sondern schwingt sozusagen mit einer Welligkeit rauf und runter. Und diese Welligkeit, die läuft so ein bisschen durch. Die bewegt sich sozusagen von einem zum anderen Ort durch. Das ist die berühmte Wanderwelle. Und das ist erst so berühmt. Ja, Wanderwelle ist schon... Also alle, die sich mit dem Ohr beschäftigen, die haben dann sofort mit dieser Wanderwelle zu tun. Und das ist was, wofür es sogar einen Nobelpreis gegeben hat. Und zwar hat von Bekeshi, ich glaube 1956, einen Nobelpreis dafür gekriegt. Genau diese mechanische Spezialität der Kochlehrer überhaupt in dieser Klarheit zu entdecken und zu finden. Und diese Wanderwelle, die kann man jetzt natürlich, mikroskopisch beobachten. Heutzutage wird das mit allen möglichen schlauen Gerätschaften wie Laserdoppler, Vibrometer etc. wird das gemacht. Der Becci selber hat sich selber mechanische Modelle gebaut und hat das daran nachverzogen. Und diese Wanderwelle hat jetzt die Eigenschaft, dass die zu den tiefen Frequenzen hin irgendwann ganz plötzlich aufhört. Also diese Teppichblase, das ist nicht so ein weiter Bereich, der so locker rauf und rum flappert, sondern zu tiefen Bereichen, ist ganz schnell Schluss und zu den höheren Bereichen hin ist es lautstärkeabhängig. Wenn man ganz leise ist hat man ganz scharf beschränkt den Bereich wo das aktiv ist und wenn man höhere lautstärken macht dann dehnt sich das immer weiter Richtung hohen Frequenzen aus. Das heißt also das ist auch das warum Bässe so hörschädigend sein können, weil wenn ich einen richtig massiven Bass auf das Ohr draufschicke dann ist ja der Ort wo der Bass sich am stärksten auswirkt ist ja tief drin oben in der Spitze von der Schnecke. Ich habe mir gesagt, die tiefen Frequenzen sitzen tief drin. Aber wenn das dann noch zusätzlich entsprechend laut ist, dann schwingt am Ende sozusagen die gesamte Kochlehrer bei dieser tiefen Frequenz. Ich kann also auch mit tiefen Frequenzen Hörschädigungen im mittleren und Hochtonbereich erzeugen.

Tim Pritlove
1:53:02
Stefan Brill
1:53:05
Tim Pritlove
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Stefan Brill
1:54:19
Tim Pritlove
1:54:26
Stefan Brill
1:54:27

Genau. Eine der Schwierigkeiten, die ich gerne lösen möchte, wäre natürlich, dass ich Spektral sehr scharf auflösen kann. Dass ich also sehr genau bestimmte Frequenzen heraus hören kann und unterscheiden kann von anderen. Und wenn ich jetzt mal von diesem anfänglichen, naiven Modell, dass ich da so eine flabrig schwingende Teppichblase nur habe, die rauf und runter geht, die ist natürlich überhaupt nicht frequenzspezifisch. Und da treten jetzt eine ganze Reihe von Mechanismen zusätzlich auf. Also einerseits, diese Wanderwelle hat auch etwas damit zu tun, dass ich entlang der Basilarmembran, worauf das stattfindet, dass ich auch nochmal so eine Oberflächenwellenphänomen habe. Also ich kann ja auch eine schwingende Welle sozusagen die die die Membran ist ja mit sich selber und ihren elementar Elementen der Membran sozusagen mit sich selber verbunden das heißt also das wird sozusagen weitergeleitet wieso an der Wasseroberfläche Das ist schon mal ein Mechanismus der da auftaucht und dann gibt es Jetzt in dem eigentlichen sensorischen Organ da man jetzt noch gar nicht darüber gesprochen was ja auf der Basilar wenn man drauf sitzt und diese Schwingungen überhaupt erst mal als Nervenzellen wahrnimmt und aufnimmt und weiterleitet. Dieses sensorische Organ hat jetzt auch wieder spezielle Eigenschaften, um eine spektral sehr scharfe Hörwahrnehmung zu ermöglichen. Und da kommen jetzt eine ganze Reihe von Effekten ins Spiel, die teilweise auch noch gar nicht wirklich geklärt sind. Dass also da so Mechanismen stattfinden, dass sich benachbarte Zellen gegenseitig verstärken oder behindern in ihrer Aktivität. Das war das, was wir, ich glaube, bevor wir angefangen haben, gesprochen haben, diese Geschichten mit lateraler Inhibition. Wenn ich also bestimmte Elemente in... In einem sensorischen System wahrnehmen will, wie zum Beispiel eine Helligkeitskante, ein Helligkeitssprung, dass ich mich eigentlich nur für den Sprung und die Kante interessiere, dann sind in diesem Bereich Nervenzellen miteinander verschaltet, behindern oder verstärken sich gegenseitig in der Nachbarschaft und können auf die Art und Weise zum Beispiel eine Helligkeitskante besonders herausarbeiten.

Tim Pritlove
1:56:37

In dem Fall halt eine Frequenzkante. Ganz genau. Die Zellen messen nicht nur für sich, sondern auch so mit ihren Nachbarn. mal nach, empfängst du noch das gleiche wie ich? Ne, sehe ich nicht. Alles klar, dann ist jetzt hier wohl irgendwie genau der Punkt erreicht. Okay, also um es nochmal ein bisschen zusammenzufassen, das Höhen an sich funktioniert, nachdem eben dieser ganze Luftumwandlung in mechanischer Energie dann wiederum in Flüssigkeit übertragen wird, so dass eben die Schockwellen quasi des Steigbügels durch diese doppelte Schnecke gejagt werden, doppelt weil es halt eine Windung hin und eine Windung zurück gibt, getrennt durch diese Membran und unterschiedliche Frequenzen übertragen sich an unterschiedlichen Stellen, die hohen Frequenzen am Anfang der Schnecke, die tiefen Frequenzen am Ende der Schnecke und es herrscht jetzt in dieser Membran eine Sensorik, die in der Lage ist jetzt sehr fein zu trennen, welche Frequenzen in welchem Maße hier jetzt aufgeschlagen sind, um dann eben quasi über die gesamte Membranstrecke so eine kombinierte Information ans Gehirn weiterzuleiten. Das ist im Wesentlichen eigentlich das Hören. Einfach von mir zusammen gedampft aber ich treffe das an der Stelle Jetzt haben wir natürlich noch keine nerven impulse das war jetzt bisher alles erstmal nur mechanik Ja genau es ist mich mechanisch genau Aber das ist ja jetzt auch schon mal was also jeder der jetzt hier zu hört Weiß jetzt zumindest schon mal wie Das ist echt unglaublich. Wie groß dieser ganze Apparat ist auch wirklich an sich sehr überschaubar. Also wie groß ist dieses komplette von Trommelfell bis ohne jetzt die Nervenverbindung dahinter. Also nur so Schnecke, Mittelohr, all das zusammen Innenohr. Das ist ja ganz komplex. Wie groß muss ich das vorstellen? So groß wie eine Kastanie oder etwas größer?

Stefan Brill
1:58:49
Tim Pritlove
1:59:05
Stefan Brill
1:59:11
Tim Pritlove
1:59:30
Stefan Brill
1:59:36

Das, worüber wir noch gar nicht gesprochen haben, auch beim Gleichgewichtsorgan noch nicht, ist eigentlich welche Nervenzellen machen das denn überhaupt? Wir haben ja immer so ein bisschen um den heißen Brei bisher rum geredet. Wir haben ein Sensorium, wir haben Nervenzellen, die dann Schwingungen oder Bewegungen in Flüssigkeit aufnehmen. Aber wie die das genau machen, haben wir bisher noch gar kein Wort darüber verloren. Und das sind halt Nervenzellen, die mechanische Rezeptoren sind. Nervenzellen, die in der Lage sind, Nervenimpulse abzugeben auf mechanischen äußeren Reiz hin. Und das ging schon unheimlich früh los in in der Evolution. Das geht, glaube ich, sogar noch vor das Cambrium zurück, also bevor überhaupt Skelette da waren, dass man Lagesensoren brauchte, zum Beispiel in Qualen ist das noch so, braucht Lagesensoren, Gleichgewichtorgan könnte man dann sagen, bei den Fischen war das vergleichsweise schon unheimlich ausgeprägt und die Natur hat dann so Blasen konstruiert, in die hinein Nervenzellen reinragten und in diesen Blasen war zum Beispiel ein Steinchen drin und das Steinchen das hat immer diese diese mechanischen Rezeptorzellen berührt und dann wusste das Tier immer was immer das war. Wo unten ist. Wo unten ist. Es gibt teilweise gibt es ganz ganz lustige solche Konstruktionen. Es gibt zum Beispiel Krebse bei denen ist das eine offene Blase nach außen offen und Wenn diese Krebse sich häuten, dann ist das Steinchen, das da drin ist, verloren. Und die müssen sich selber mit ihren Scheren wieder ein Steinchen reintun. Und wenn die das nicht finden, dann sind sie orientierungslos. Ja, was wirklich lustig ist, man kann die Viecher jetzt einfangen und man gibt denen halt keinen Sand, sondern man gibt denen ausschließlich Eisenspäne. Dann tun sie sich so einen Eisenspahn da rein und dann kann man die auf einmal mit Magneten fernsteuern.

Tim Pritlove
2:01:55
Stefan Brill
2:01:59
Tim Pritlove
2:02:03
Stefan Brill
2:02:04
Tim Pritlove
2:02:25
Stefan Brill
2:02:29
Tim Pritlove
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Stefan Brill
2:03:18

Also das ist schon toll, was da alles passiert. So, jetzt müssen wir aber mal zu dem eigentlichen mechanischen Rezeptor kommen. Das ist eine spezialisierte Nervenzelle und eine Nervenzelle ist ja jetzt etwas, was ein erregbare Zelle, die da also durch z.B. Temperatur, mechanische Einwirkung, olfaktorische Einwirkung, durch Einwirkung von Nachbarzellen, die irgendwelche Brotenstoffe heranschicken über synaptische Verbindungen, die dazu gebracht werden kann. Einen elektrischen Puls abzugeben, ein Aktionspotenzial. Und diese Nervenzellen, die müssen natürlich gegenüber der Außenwelt selber innen drin erstmal ein Potenzial aufbauen. Also diese Nervenzellen haben dann Proteine in den Zellwänden sitzen, die schaffen es, Kalium reinzupumpen und im Innenraum der Zelle eine höhere Kaliumkonzentration als in der Außenwelt zu haben. Und die sind sozusagen vorgespannt elektrisch, könnte man sagen. Kostet natürlich ein bisschen chemische Energie, das aufzubauen. Ist ja nicht kostenlos. Und wenn dann irgendein Reiz, für den die Zelle spezialisiert ist, des Weges kommt, dann schicken die einen elektrischen Impuls ab. Bei moderneren Nervenzellen läuft dann dieser Puls entlang des Axons und läuft irgendwo hin und stimuliert dort wiederum eine andere Nervenzelle. Und diese mechanischen Rezeptorzellen, diese jetzt Bewegungssensoren, das sind Nervenzellen, die es auch schon in diesen frühesten Formen gegeben hat. Also wie gesagt, diese statuolitischen Bläschen da, wo die innen drin saßen oder das gibt es bei den Fischen zum Beispiel um Wasserbewegungen an der Außenhaut wahrzunehmen. Die haben also unter den Schuppen, mit so kleinen Kanälen noch nach außen offen, haben die auch solche Rezeptorzellen, mit denen die ganz feine Wasserbewegungen wahrnehmen können. Wasserströmungen wahrnehmen können. Und bei den Fischen ist das eben im Gleichgewichtsorgan dann auch aufgetaucht, dass sie solche mechanischen Rezeptorzellen benutzt haben, um diese Gleichgewichtswahrnehmung zu machen. Und das sieht jetzt so aus, dass eine solche spezialisierte Nervenzelle... So konstruiert ist, dass es sich intern ein elektrisches Potential aufbaut und aufrecht erhält. Und wenn jetzt ein entsprechender Reiz kommt, wird ein Aktionspotential abgegeben. Und bei diesen sogenannten H-Zellen, das sind die, die eben diese mechanischen Rezeptoren haben, die haben oben auf dem Dach der Nervenzelle, muss man sich sowieso ein zylinderartiges Ding vorstellen, wo oben die Nervenzelle mit so einem Deckelchen abgeschlossen ist und oben aus diesem Deckelchen raus wachsen kleine Röhrchen. Das sind die sogenannten Stereozilien oder auch Kinozilien, je nachdem wofür die spezialisiert ist. Und diese kleinen Röhrchen sind normalerweise geschlossen, haben aber kleine Deckelchen. Das ist jetzt wirklich absolut im mikroskopischen Zustand. Also wir sind da schon auf der Größenordnung von großen Eiweißmolekülen. So klein ist das alles schon. Und diese aus der Zelle herausragenden Stereozylien oder Kinozylien, Die- machen dadurch, dass die jetzt verbogen werden, wenn durch einen mechanischen Reiz, durch eine Flüssigkeitsströmung oder durch eine direkte Berührung diese herausragenden, aus der Zelle herausragenden Röhrchen verbogen werden, dann gehen so kleine Deckelchen auf, die einen kurzfristigen Flüssigkeitsaustausch mit der Außenwelt ermöglichen. Dadurch ändert sich die Ionenkonzentration zwischen Innen- und Außenwelt und das führt dann dazu, wenn das ausreichend lange offen ist und wir reden hier also wirklich im Mikrosekundenbereich natürlich, wenn das ausreichend lange offen ist und genügend Austausch stattfinden kann, dann depolarisiert die Zelle, dann klappt die sozusagen kurzfristig in einen völlig anderen Zustand, sendet ein Aktionspotential aus, einen Puls entlang des Axons und hat somit weiter gemeldet hier ich wurde bewegt.

Tim Pritlove
2:08:01
Stefan Brill
2:08:02

Ich wurde berührt. Feuert los. Und solche Zellen, die nennen wir, wenn sie bei uns im Innenohr sitzen, nennen wir Haarzellen. Und das hat jetzt überhaupt nichts mit Haaren zu tun und und Follikeln und was weiß ich, sondern die heißen deswegen so, weil die eben diese dünnen kleinen Röhrchen, diese Härchen oben drauf sitzen haben, die auf mechanische Verbiegung reagieren. Und solche Zellen sitzen jetzt in einem Verbund mit anderen Zellen auf der Basilarmembran drauf. Das waren diese Trennmembran in der Schnecke, die diese obere und untere Hälfte des Schneckengang- Durchmessers einer Windung voneinander getrennt haben. Und da sitzen jetzt eine ganze Reihe von solchen Haarzellen drauf. Und zwar im Querschnitt gesehen, wenn man also von der Mittelachse der Schnecke nach außen durchschneidet und sich das im Querschnitt anguckt. Sehen wir vier solche Zellen. Eine Zelle die innerste, das ist eine ist die innere Haarzelle. Natürlich gibt es davon tausende entlang der Schneckenwindung, aber im Querschnitt sehen wir jetzt erstmal nur eine. Und wir sehen drei äußere Haarzellen. Und die pflanzen sich in die Tiefe der Schnecke entlang der Windung entsprechend fort. Das heißt, wir haben sozusagen wie so ein ganzes Band von solchen Haarzellen. Wenn man das elektronenmikroskopisch anguckt und obendrauf guckt, dann sieht das aus wie so Grasbüschel, die aus einer Fläche herausschauen. Und diese Fläche ist die Oberfläche des kortischen Organs. Kortisch Organ heißt dieses Ganze, was auf der Baselameinbran drauf sitzt, weil das ein Herr Korty im 19. Jahrhundert mal mit damals den besten Mikroskopen sich angeschaut hat. Und diese Härchen, die dann aus dieser Fläche herausragen, die sehen wie gesagt so ein bisschen grasbüschelmäßig aus und die von den Inneren, die sehen aus wie so eine kleine Zeile, vielleicht so ein bisschen verbogen und die von den Äußeren, die sehen aus wie sie sind so v-förmig angeordnet. In der Spitze unten vom Pfarr vielleicht eingeknickt, dass das eigentlich eher so ein kleines W ist, aber die sind auf diese Art und Weise dann auf der Basilarmembran angeordnet.

Tim Pritlove
2:10:32

Ja.

Stefan Brill
2:10:34
Tim Pritlove
2:10:37
Stefan Brill
2:10:50
Tim Pritlove
2:10:52
Stefan Brill
2:11:06
Tim Pritlove
2:11:22
Stefan Brill
2:11:24
Tim Pritlove
2:12:21
Stefan Brill
2:12:22
Tim Pritlove
2:12:23
Stefan Brill
2:12:29
Tim Pritlove
2:12:46
Stefan Brill
2:12:48

Die inneren Haarzellen, da ist das etwas zugunsten der Afferenten. Also Afferenten sind die, die hinaufgehen. Afferenten sind die, die herunterkommen. Vom Gehirn heißt das immer. Afferent ist immer was, was von der Peripherie zum Gehirn läuft. Und Afferent, was in die umgekehrte Richtung läuft. Jetzt kann man klassifizieren, wie viel Afferente gibt es, wie viel Afferente gibt es. Dann stellt man fest, dass man bei den inneren Haarzellen in der Mehrzahl afferente, das heißt, die liefern eher Informationen, als dass sie bekommen. Die äußeren Haarzellen, die wären weit, weit überwiegend afferent in der Welt. Die kriegen viel mehr Informationen, als sie selber liefern, können aber auch ein bisschen was liefern. Und dann hat man irgendwann festgestellt, als man diese Haarzellen mal rauspräpariert hat, äußere Haarzellen hat man mal eben im Labor präpariert, dann hat man festgestellt, die sich minimal in der Größe ändern können, wenn sie Information kriegen. Also die äußeren Hartzellen, die können sich so ein bisschen kontrahieren. Das heißt also, die dienen nicht nur als mechanische Rezeptoren und empfangen irgendwas, sondern die können offensichtlich auch sich kalibrieren, ein bisschen Information, mechanische Information abgeben. Die können also ein bisschen was tun sozusagen. Und das wird offensichtlich von dem System in der Basilarmembran genutzt, um einerseits noch mal zu verstärken und andererseits um noch Spektralen noch mal besonders scharf auflösen zu können. Das hat man dann natürlich vor langer Zeit hat man das mal versucht, natürlich im Tierversuch gemacht worden, hat man gesagt, ja was passiert denn eigentlich, wenn wir die einen ausschalten, was passiert denn eigentlich, wenn wir jetzt die äußeren Haarzellen mal kaputt machen, deaktivieren durch irgendeine vergiftende Droge, einen orthotoxischen, also ohrgiftigen Stoff, kann man gezielt die äußeren Haarzellen oder auch die inneren Haarzellen deaktivieren.

Tim Pritlove
2:14:52
Stefan Brill
2:14:57
Tim Pritlove
2:15:23
Stefan Brill
2:15:24
Tim Pritlove
2:16:43
Stefan Brill
2:16:52
Tim Pritlove
2:17:07
Stefan Brill
2:17:16

Das geht unter Umständen schon ganz tief los, dass man so ganz wenig so spontane Aktivität, tröpfelsweise Aktivität des Nervs beobachtet und wenn ich mich dann immer mehr ran bewege, wird es immer fetter, dann wird das eigentlich muss man es umgekehrt machen, man muss gucken, man muss auch noch den Pegel so ändern, wie viel Pegel brauche ich, um das dann zu erreichen und dann stellt man fest, dass man für das Axon, was jetzt für eine bestimmte oder für die Frequenz, die man jetzt gerade erwischt hat, sage ich, dass man ein bestimmtes Axon erwischt hat, braucht man bei dieser Frequenz unheimlich wenig Pegel um trotzdem. Eine Aktivität zu sehen. Und sobald ich dann nur um wenige Hertz seitlich davon wegfahre, brauche ich wesentlich mehr Pegel, um überhaupt wieder Aktivität zu sehen. Das ist also, wenn ich in die Höhe aufzeichne, wie viel Pegel brauche ich, um Aktivität zu sehen und auf der X-Achse aufzeichne, bei welcher Frequenz mache ich das, dann habe ich so eine ganz scharfe, scharfe spitze das sind die sogenannten tuning oder abstimm abstimmungs kurven also wenn man das gucken würde tuning curves würde man das finden und das ist weil das so unglaublich scharf auf eine bestimmte frequenz anspringt ein bestimmtes neuron ist das eben auch interessant gewesen ja wie kann das überhaupt sein wir waren ja vorhin bei dieser schwingenden teppichblase das wäre damit wäre das gar nicht erklärbar. Und wenn man aber jetzt diese Situation hat und in dieser total scharf abgestimmten Situation auf eine bestimmte Frequenz die äußeren Haarzellen kaputt macht, indem man die durch Einbringen von irgendwelchen orthotoxischen Substanzen in die Kochlea gezielt ausschaltet, dann geht auf einmal diese Schärfe total verloren. Dann wird das auf einmal viel Frequenz stumpfer. Ganz genau. Und das ist halt dann der Anlass gewesen, die Annahme zu machen, dass die äußeren Haarzellen dadurch, dass sie selber Information kriegen, dass sie selber mechanisch aktiv werden, dass die dazu beitragen durch entsprechende Komplexe und ich glaube, das ist bis heute nicht völlig aufgedröselt, was da im Detail wirklich abläuft, dass man also einerseits nochmal sehr schwache Signale verstärkt in der Kochlehr dadurch, dass man diese Zusatzschwingaktivität der äußeren Haarzellen hat und andererseits zusätzlich diese spektrale Schärfung erreicht, dadurch dass man sagt, oh hier, was hört ihr denn, so wie wir es vorhin hatten, Was hört ihr denn gerade? Und ich feuer jetzt mal genau asynchron dagegen, damit wir da diese Störfrequenz, die eigentlich nicht die ist, die wir haben wollen, an der Stelle sozusagen abdämpfen.

Tim Pritlove
2:20:07
Stefan Brill
2:20:16
Tim Pritlove
2:21:07
Stefan Brill
2:21:53
Tim Pritlove
2:21:58
Stefan Brill
2:22:14
Tim Pritlove
2:22:19
Stefan Brill
2:22:59
Tim Pritlove
2:23:28
Stefan Brill
2:23:29

Im Verlauf, im Verlauf des, der Hörnerv, der endet ja jetzt erst mal an der Eintrittsstelle im Hirnstamm. Da haben wir jetzt die erste Vorverschaltung, da ist dann das nächste Neuron in der Kette. Also das erste waren die Spiralganglehenzellen, deren Axone sind der Hörnerv, die münden in den Hirnstamm ein. Da ist dann die nächste Schaltstelle, die kriegen dann die Axone per synaptischer Verschaltung. Die machen dann was drauf, die leiten das wiederum weiter, kommunizieren miteinander. Die nächste Ebene tut das auch und zwar jetzt auch gegenseitig von einer auf die andere Seite. Da finden dann so diese Auflösungsrichtungshörwahrnehmungsvorverarbeitungsschritte schon statt. Aber das, was daran so interessant ist, ist, dass nicht nur draußen in der Peripherie, die alle schon vorwärts, rückwärts miteinander sprechen und solche Dinge wie diese spektrale Schärfung durch die äußeren Haarzellen machen und sozusagen schon immer rückmelden, was habt ihr denn von oben und ich mache deswegen aber ein bisschen was anderes, sondern das zieht sich über mehrere Stufen hinweg, dass es immer wieder rauf und runter geht und und zwar sogar bis hoch in, sagen wir mal so peripherere Hörerwartungen. Wenn man jetzt zum Beispiel solche Dinge hat wie ein repetitives Signal, irgendwas was immer klick klick klick klick klick macht, ein relativ primitives Signal und dann kommt auf einmal was anderes. Klack. So was. Kann man auch beliebig komplex konstruieren. Dann ist es offensichtlich, dass von oben herunter erkannt wird, das ist was repetitives. Und dann wird sozusagen schon in die Peripherie weitergeleitet eine Voraussage, wie das jetzt kommt. Und dadurch, dass auf einmal ein Widerspruch auftritt, reagiert das System auf einmal ganz anders. Das kann man sogar messen, indem man mit EEG-Ableitungen entsprechende Experimente macht, dass man sozusagen ganz vergleichsweise kleine Signale bekommt, wenn das System erst mal ein paar Mal eine Repetition desselben gehört hat und erst dann, wenn was anderes kommt, kriegt man auf einmal einen ganz großen Ausschlag, eine ganz große Reaktion auf das jetzt rausfallende.

Tim Pritlove
2:25:38
Stefan Brill
2:25:46
Tim Pritlove
2:26:17
Stefan Brill
2:26:19
Tim Pritlove
2:27:05
Stefan Brill
2:27:50
Tim Pritlove
2:27:57
Stefan Brill
2:27:58

Die Schnecke, genauer gesagt, also das sensorische System, was auf der Basilarmembran drauf sitzt. Das hat ja grundsätzlich mal die Schwierigkeit, wenn man wenn man das schön fein und empfindlich bauen will, dann kann man da nicht so eine dicke Ader hin flanschen, die das alles immer schön stabil mit Nährstoffen und allem möglichen versorgt und mit Sauerstoff und so weiter, sondern das wird natürlich immer immer fein zisselierter, bis es am Ende eigentlich praktisch nur noch über Diffusionen zu einer Nährstoffversorgung geht. Und in der Kochlehr drin haben wir selber eigentlich nur noch ein paar wenige Kapillaren, die das gotische Organ mit Blut und Nährstoffen versorgen. Das ist der empfindlichste Teil. Und das ist auch der Teil, wo es zum Beispiel durch Schalltrauma, also zu hohe Lautstärke, zu Schädigungen kommen kann. Ganz primitiv, mechanisch werden bei diesen Haarzellen einfach die Härchen abgeknickt. Manchmal regeneriert sich das wieder und ist dann wieder so gut wie vorher. Aber manchmal bleiben diese Schädigungen auch permanent, was dann wiederum dazu führt, dass die Haarzellen abgebaut werden oder einfach ihre mechanische Rezeptorfunktion nicht mehr wahrnehmen können. Und die Gründe, die jetzt, wenn man mal pauschal sagt, wer hat Hörverlust und auf welche Ursache ist der Hörverlust zurückzuführen, dann wird einem mehr oder weniger jeder sagen, naja, so 80, 90 Prozent aller Hörverluste ist im Innenort zu suchen, ist auf der Basilarmembran der Schnecke zu suchen. Dass wir da Haarzellen haben, die einfach nicht mehr das tun, was sie ursprünglich mal getan haben. Natürlich genetische Defekte, das ist noch mal was anderes. Also Missbildungen gibt es natürlich auch. Erbliche Taubheit gibt es auch. Und dann haben natürlich noch die Sachen, die... Im Mittelohr ablaufen können, wenn wir also im Mittelohr dauerhaft irgendwelche Entzündungen haben und sich das nicht so richtig in den Griff kriegen lässt, dann kann das auch dazu führen, dass die Gehörknöchelchen in Mitleidenschaft gezogen werden oder dass der der Knochenbildungshaushalt da so ein bisschen außer Kontrolle gerät und dass wir dort eine Verknöcherung haben Und dass sich die Gehörknöchlichen zum Beispiel festwachsen und nicht mehr beweglich sind. Also das kann schon mal sein, dass die Fußplatte vom Stapes einfach mit dem umgebenden Knochenrand nach einer Infektion anfängt zu verwachsen. Und einfach mechanisch die...

Tim Pritlove
2:30:47
Stefan Brill
2:30:49
Tim Pritlove
2:31:45
Stefan Brill
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Tim Pritlove
2:32:11
Stefan Brill
2:32:24
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
2:33:03
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
2:35:37
Stefan Brill
2:35:59
Tim Pritlove
2:36:02
Stefan Brill
2:36:10

Ja, es ist eigentlich eine große Anzahl an Patienten, die ein Hörgerät brauchen, sind natürlich ältere Leute und die hören von den hohen Frequenzen herkommen, schlechter und schlechter. Und da gehen dann so zwei Sachen Hand in Hand. Einerseits so ein langsames Abbauen oder kaputt gehen, der... Nerven der Haarzellen in dem hochfrequenten Bereich und andererseits gibt es aber wohl auch eine altersbedingte langsam Graduell zunehmende Versteifung der Basilarmembran also die wird nach und nach immer weniger gut schwingfähig und beweglich Und das ist dann eben die Presbyakusis die sogenannte Altersschwerhörigkeit und die kommt meistens von den hohen Frequenzen her beginnend und Die Leute haben dann manchmal so eine ganz widersprüchliche angabe die denken sie hören ja noch alles weil sie die tür noch Zufallen hören genauso gut wie früher aber das ist halt ein tief frequent des plumpes oder irgendwie den nachbarn hören sie auch noch weil der rumpelt Ein, bisschen rum die tiefen frequenzen gehen dann noch aber sobald es dann um sprache verstehen angeht wo man Die höheren mittleren und höheren frequenzen zwingend braucht um das auflösen zu können da verstehen die dann halt nichts mehr und denken erst Mal alle nuscheln nur noch ja und projizieren das auch nach außen so redet doch mal ordentlich ich höre ich höre ich verstehe euch eigentlich das ist aber dann oft eben ein von den hohen frequenzen her herkommender zunehmender hörverlust und diese hörverluste die kann man natürlich bis zu einem gewissen grad mit einer verstärkung der schallwellen ausgleichen indem man hörgeräte baut die dann eben in den frequenzen wo weniger gutes hören noch vorliegt, entsprechend mehr Schall abgeben.

Tim Pritlove
2:37:56
Stefan Brill
2:38:07
Tim Pritlove
2:39:21
Stefan Brill
2:39:24
Tim Pritlove
2:39:39
Stefan Brill
2:39:40
Tim Pritlove
2:40:33
Stefan Brill
2:40:37
Tim Pritlove
2:40:41
Stefan Brill
2:40:56

Es gibt natürlich das, was ich vorhin gesagt habe, es gibt natürlich auch die Patienten, bei denen die ganze Geschichte im Mittelohr jetzt schon nicht mehr intakt ist. Also wo die Gehörknöchlichen vielleicht gar nicht mehr existieren, weil irgendwelche schweren Entzündungen die zerstört haben oder sonst was nicht. Da kann man diese Mittelohrimplantate aber trotzdem auch einsetzen. Man muss nur mit anderen mechanischen Maßnahmen den Schall dann in die Kochlea reinbringen. Da kommen dann diese kleinen Metallprothesen ins Spiel, die ich vorhin erwähnt hatte. Da kann man also Kombinationen aus diesen Mittelohrschwingern und diesen Stapes, also Steigbügelprothesen, nehmen und kann auf die Art und Weise das Schallsignal, was man am Ende in der Schnecke wieder haben möchte, auf diesem Wege dort reinbringen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Schnecke per se noch halbwegs gut hört. Man macht das jetzt normalerweise nicht, wenn die Schnecke noch normalhöhrend ist. Das ist ja Quatsch. Die Schnecke hat schon ihren Hörverlust, am Mittelohr stimmt aber auch irgendwas nicht mehr und dann geht man mit einem Mittelohrimplantat ran. Aber das ist natürlich nichts, was man beim Hörgerät der Akustiker um die Ecke kriegt, sondern da muss man halt an die Klinik und das muss operativ eingesetzt werden. Ein solches Implantat. Und die nächste Stufe, das ist dann die Stufe, die die harte Sache ist, wenn ich also in der Schnecke, keine Möglichkeit mehr habe diese von außen kommenden mechanischen Anregungen überhaupt wahrzunehmen, weil die Haarzellen nicht mehr da sind, kaputt gegangen sind durch Ertaubung, durch eine Infektion oder sonst eine Ursache, dann kann ich mit mechanischer Anregung gar nichts mehr erreichen. Ist ja auch völlig logisch. Ich habe keinen mechanischen Rezeptor mehr, der das mir in Nervenimpulse umsetzt. Und dafür gibt es dann das Kochleerimplantat. Und das Kochleerimplantat, da wird jetzt üblicherweise in der Gegend vom runden Fenster aufgemacht oder ein bisschen oberhalb davon.

Tim Pritlove
2:43:04
Stefan Brill
2:43:08
Tim Pritlove
2:44:20
Stefan Brill
2:44:22
Tim Pritlove
2:44:28

Und das haben wir jetzt mal nicht so schön gemacht. Genau, vielleicht drehen wir es an der Stelle auch nochmal um. Also grundsätzlich Kochlehrimplantat ist sozusagen, kommt in dem Moment ins Spiel, wo man Hörfähigkeit wieder herstellen möchte, wo aber das reine Nachbilden des mechanischen Luftdruckreizes über Trommelfell, Hammer, Ambus, Steigbügel, egal an welcher Stelle man da jetzt ansetzt. Also ein Hörgerät verstärkt ja sozusagen, ist ja quasi ein Lautsprecher in den Gehörgang. So, das heißt der verstärkt einfach den Druck aufs Trommelfell, aber ab da funktioniert so wie es sonst auch funktioniert. Diese Mittelohrimplantate sagen, okay, Trommelfell ist jetzt schon raus aus dem Spiel, darf gerne noch ein bisschen mitdrücken, aber im Wesentlichen übernehmen wir diese mechanische Übertragung auf das System jetzt selber und jetzt zeigen wir mal hier wo der Hammer hängt, im wahrsten Sinne des Wortes. Oder wenn das eben aus irgendwelchen Gründen auch alles schon weggefault ist, dann sagt man okay, dann sind wir jetzt einfach mal selber der Steigbügel und trümmern da rein, aber dann würde die Schnecke ja immer noch ihr Ding tun, so gut sie es eben kann. Und jetzt sind wir im Prinzip im dritten Schritt angekommen, wo man sagt, Schnecke, also das einzige wozu jetzt diese Schnecke abgesehen vom Gleichgewichtsorgan noch taugt, ist die Verbindung zu den Hörnerven herzustellen. Das ist quasi, wir verwenden diese Schnecke eigentlich nur noch so als Docking Station zum Rest des Gehirns und müssen jetzt eigentlich eine Systematik hervorbringen, die eigentlich dasselbe tut wie eben die Herrchen dieser Haarnerven, die in der Schnecke sind. Dazu müsste man ja wirklich sehr, sehr, sehr genau nachbilden, was sie eigentlich tun, was ich jetzt schon mal für eine irre Herausforderung halte. Dieser letzte Schritt ist aber dann sozusagen eigentlich nur jetzt bei Leuten zu machen, wo gar nichts mehr zu holen wäre. Das ist sozusagen Last Resort.

Stefan Brill
2:46:33
Tim Pritlove
2:47:00
Stefan Brill
2:47:05
Tim Pritlove
2:48:59
Stefan Brill
2:49:00
Tim Pritlove
2:50:05
Stefan Brill
2:50:06

Weil sie im Alter von zwei oder so eine Implantat bekommen haben. Und jetzt muss man natürlich auch noch dazu sagen, macht man es gleich beidseitig oder erst mal nur auf einer Seite. Und da hat sich eigentlich auch die Meinung des Fachgebiets soweit entwickelt, dass man sagt, wir sollten auch möglichst frühzeitig beide Seiten machen, weil solche Sachen wie Schallquellenrichtung erkennen und auch in schwierigen Situationen wie Störgeräusch kommt noch von irgendwo anders und den will ich aber verstehen. Für solche Situationen ist es grundsätzlich besser zwei Ohren möglichst frühzeitig zu versorgen. Ja, okay. Jetzt wollen wir aber doch nochmal zu dem eigentlichen System hin. Du hast schon recht. Das, was wir vorhin gesagt haben, wir haben hier 3.000 bis 4.000 Haarzellen im Innenohr sitzen. Wir haben 30.000 Nervenfasern, die von diesen Spiralganglehenzellen im Zentrum der Kochlehre runter weggehen. Und jetzt, wie wollen wir das elektronisch überhaupt machen? Und das geht natürlich nicht. Das ist technisch heutzutage nicht möglich, so viele spektral hochauflösende Informationen reinzubringen. Technologisch ist es nicht möglich. Und es ist auch deswegen nicht möglich, weil wir mit einer elektrischen Reizung, die wir im Innenohr machen, wenn wir also jetzt mal einen einzelnen Kontakt nehmen, den wir im Innenohr haben, dessen elektrisches Feld verbreitet sich einfach zu sehr. Das reizt einfach zu viele Nachbarzellen mit. Das heißt, selbst wenn ich es technologisch schaffen würde, sehr, sehr viele Elektrodenkontakte in der Cochlea unterzubringen und auch zu aktivieren, würden sich die elektrischen Felder so gegenseitig überlagern und stören, dass diese hohe Frequenzauflösung höchstwahrscheinlich doch wieder nicht möglich wäre.

Tim Pritlove
2:51:50
Stefan Brill
2:52:18
Tim Pritlove
2:52:20
Stefan Brill
2:52:22
Tim Pritlove
2:52:52
Stefan Brill
2:52:54
Tim Pritlove
2:53:31
Stefan Brill
2:53:37
Tim Pritlove
2:53:39
Stefan Brill
2:54:01
Tim Pritlove
2:54:15
Stefan Brill
2:54:20
Tim Pritlove
2:55:32
Stefan Brill
2:55:35

Irgendwo muss man mal anfangen. Ja klar. So ist das halt. Irgendwann guckst du zurück und denkst dir, Gott, was haben wir damals alles gemacht. Dann ist man aber an einem Zustand, wo dann heutzutage oder ist ja egal, um was es jetzt geht, wo man dann halt sagt... Mensch, sind wir froh, dass diese Zeiten vorbei sind. Aber ohne das früher hätten wir das nicht geschafft. Aber diese diese Patienten mit den Steckern, die haben wirklich von denen gab es einige wenige, die findet man auch unter irgendwelchen anonymisierten Schlüsseln in der publizierten Literatur. Da gab es einige wenige, die haben wirklich wortwörtlich Monate, Monate, wenn nicht Jahre ihres Lebens in Laboren verbracht und haben mit den Forschern, die da saßen, das waren dann alles Ingenieure natürlich, alles Signalverarbeiter, Physiker, Elektrotechniker und die haben mit diesen Patienten in den Laboren alle möglichen Arten der Signalverarbeitung ausprobiert, bis man nach und nach dahinter gekommen ist, wie man die Cochlea elektrisch jetzt wirklich reizen muss, damit möglichst viel bei rumkommt. Und der große Durchbruch, der war erst 1991. Das war sogar eine Publikation in Nature damals. Der ist ein amerikanisches Labor gewesen, wo ich selber auch mal zweieinhalb Jahre gearbeitet habe. Und dieses Labor hat damals wirklich einen ganz fundamentalen Durchbruch in der Signalverarbeitung hingekriegt und die Leute waren im Labor unglaublich gut, diese Steckerpatienten und mit ihren komischen Prozessoren, mit denen sie durch den Alltag liefen, hatten die viel, viel schlechtere Resultate. Die waren dann immer ganz geknickt, dass sie das nie mitnehmen konnten, was sie da im Labor alles gehört hatten.

Tim Pritlove
2:57:38
Stefan Brill
2:57:42
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
2:59:50
Tim Pritlove
3:00:14
Stefan Brill
3:01:07
Tim Pritlove
3:02:29
Stefan Brill
3:02:31

Im Prinzip ja und das hat sich in der Kochlehre natürlich auch und das war das wesentliche Problem Problem aus heutiger Sicht, glaubt man das so zu wissen, das wesentliche Problem war, dass die alle kreuz und quer miteinander interagieren. Wenn man sich also jetzt vorstellt, man setzt eine Elektrode tief rein für die tiefen Frequenzen in die Kochlöhe, in die, sagen wir mal, man geht so eine, eineinhalb Windungen rein und hat da einen Elektrodekontakt und der macht ein schönes, vergleichsweise tieffrequentes, elektrisches Signal. Und jetzt ein bisschen weiter aus und außerhalb hat man jetzt eine andere Elektrode, die ist natürlich für einen anderen Frequenzbereich zuständig und macht jetzt ein hochfrequentes analoges Signal, dann hat man natürlich ein irrwitziges Übersprechen, weil wenn das eine Signal, sagen wir mal, gerade in der positiven tieffrequenten Phase ist und das andere arbeitet schnell hin und her, dann fließen die Ströme, die reizen dann sozusagen nicht mehr lokal die Nervenzellen, die man erreichen will, sondern fließt irgendwie kreuz und quer unvorhersehbar diagonal von einem Ende zur Kochlehr ständig sich andauernd ändern, fließen irgendwelche Querströme, irgendwelche Übersprecheffekte finden statt und diese ganze schöne Intention der spektralen Zerlegung funktioniert nicht mehr, weil sich alles gegenseitig kreuz und quer voneinander abhängig gegenseitig reizt. Aber das war State of the Art in den 80ern. Diese Patienten mit mit diesem Steckerimplantat, die hatten das, die hatten dieses Prinzip und kamen damit so halbwegs zurecht. Es gab auch welche, die damit Sprache verstanden haben, die man im Labor testen konnte mit Sprachmaterial und gucken, wie viel verstehen die denn jetzt und die signifikante Anteile von Sprache tatsächlich verstanden haben.

Tim Pritlove
3:04:16
Stefan Brill
3:04:25
Tim Pritlove
3:05:23
Stefan Brill
3:05:26
Tim Pritlove
3:05:31
Stefan Brill
3:05:37
Tim Pritlove
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Stefan Brill
3:06:28
Tim Pritlove
3:06:36
Stefan Brill
3:06:37
Tim Pritlove
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Stefan Brill
3:06:43
Tim Pritlove
3:07:01
Stefan Brill
3:07:05
Tim Pritlove
3:07:11
Stefan Brill
3:07:45
Tim Pritlove
3:07:48
Stefan Brill
3:07:50
Tim Pritlove
3:08:31
Stefan Brill
3:08:35
Tim Pritlove
3:09:24
Stefan Brill
3:09:32
Tim Pritlove
3:09:33
Stefan Brill
3:10:31
Tim Pritlove
3:11:56
Stefan Brill
3:11:59
Tim Pritlove
3:12:11
Stefan Brill
3:12:22
Tim Pritlove
3:12:29
Stefan Brill
3:12:34
Tim Pritlove
3:12:52
Stefan Brill
3:12:52
Tim Pritlove
3:13:23
Stefan Brill
3:13:26
Tim Pritlove
3:14:34
Stefan Brill
3:14:40
Tim Pritlove
3:15:08
Stefan Brill
3:15:37
Tim Pritlove
3:16:06
Stefan Brill
3:16:10
Tim Pritlove
3:17:05
Stefan Brill
3:17:12
Tim Pritlove
3:17:30
Stefan Brill
3:17:36

Eben nicht. Wenn ich diese Stimulationsimpulse, die ich brauche, um den Nerv anzuregen, wenn ich die kürzer und kürzer und kürzer mache, dann kriege ich den Nerv, der reagiert irgendwann. Der ist dann zu träge dafür. Der ist dann einerseits zu träge und zweitens müsste ich kompensierend die Stimulationsströme immer weiter rauf drehen. Und das ist irgendwann technologisch nicht mehr möglich. Weil wenn ich einen Strom fließen lassen will, muss ich ja durch den elektrischen Widerstand des Gewebes muss ich den Strom ja sozusagen durchdrücken. Dazu brauche ich eine gewisse Spannung, die ich aufbauen muss. Und eine genügend hohe Spannung in einem Implantat aufzubauen ist nicht so trivial. Da gibt es also technologische Limitierungen, wie viel Spannung man zur Verfügung hat, damit man damit dann genügend hohe Ströme anbieten könnte. Und selbst wenn man das macht, selbst wenn man in der Lage wäre, jetzt mal simplifizieren gesagt, beliebig hohe Ströme anbieten zu können technologisch. Und die dann immer kürzer und kürzer zeitlich werden zu lassen, dann gehen die trotzdem irgendwann einfach wie der Wind durchs Gewebe. Die sind irgendwann einfach nur hochfrequent und gehen einfach am Nerv vorbei und das hat man natürlich in den ganz ganz frühen Zeiten, ich spreche jetzt von 70er Jahren, haben wir das alles systematisch durchprobiert an irgendwelchen Krebs, Neuronen und hat versucht da dahinter zu kommen, in welchen Bereichen das aktiv ist. Also aktivierbar ist. Das heißt, man kann das nicht beliebig schnell machen, beliebig kurz machen.

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
3:23:52
Stefan Brill
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Also das ist natürlich so, dass man erstmal eine wirklich vernünftige Diagnose braucht. Die Patienten kommen mit Hörbeschwerden oder werden von ihren Angehörigen geschickt und dann muss man erstmal untersuchen, na ist das denn überhaupt in dem Bereich eines Hörverlustes, der für das in Frage kommt. Vielleicht ist das auch nur subjektiv, erstmal ein Hörverlust, der gar nicht so schlimm ist und den Hörgeräte noch abdecken können oder auch unter Umständen ein Mittelohr-Implantat abdecken kann. Wenn wir dann, da gibt es eine entsprechende Höruntersuchungen, die man an den Kliniken durchführt und dann stellt sich halt halt nach kurzer Zeit heraus. Ja, das wäre prinzipiell in dem Bereich. Wo alles andere nicht mehr vernünftig geht, kommt eigentlich dann nur noch ein Cochle-Emplantat in Frage. Dann müssen natürlich noch ein paar andere Dinge abgeklärt werden, ob es denn zum Beispiel operierbar ist. Man muss also zum Beispiel mal klar machen, dass die Schnecke noch flüssigkeitsgefüllt ist. Es gibt manche Erkrankungen wie zum Beispiel eine Meningitis-Infektion. Die haben gerne mal zur Folge, dass da Verknöcherungen stattfinden und dass die Schnecke nach und nach mit fibrösem Gewebe und dann bis zum Anschlag unter Umständen mit hartem verwachsenen Knochen zuwächst und dann hat man keine Chance mehr das ordentlich reinzukriegen. Dann ist alles schon wirklich sehr sehr viel schwieriger. Mit manchen Tricks kann man in manchen Fällen durchaus noch was erreichen. Aber eine Voraussetzung für den Standardfall des Cochlear Implantats ist, dass die Schnecke überhaupt noch frei und offen und flüssigkeitsgefüllt ist. Dann muss natürlich erreicht sein, muss natürlich sichergestellt sein, dass der Grund nicht hinter der Schnecke liegt, auf dem Weg zum Gehirn hoch. Es gibt auch manchmal Erkrankungen, bestimmte Tumore zum Beispiel, die den Hörnerv angreifen, ihn kaputt machen, platt drücken, an die Wand drücken oder dass der Hörnerv, der ist ja auch von so einem Netz an Versorgungsblutgefäßen umfasst, wenn man also jetzt durch irgendwelche anderen operativen Eingriffe Schwierigkeiten hat, dass diese Blutgefäße alle schon mal hinüber sind und deswegen der Hörnerv entsprechend...

Tim Pritlove
3:27:43
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Das geht das geht alles elektromagnetisch sozusagen. Also es ist so, dass unter der Haut jetzt machen wir es mal so. Man hat ja hier hinter dem Ohr hat man ja so eine kahle Fläche Und der Knochen, den man da fühlt, das ist das sogenannte Mastoid oder auf Deutsch der Warzenfortsatz. Da dockt einer von unseren großen Halsmuskeln an, nämlich hier der Sternocleidomastid, Mastoidäus, der ist für die Kopfwendung zuständig. Der dockt an diesem Knochen an. Und dieser Knochen, von dem muss man sich jetzt vorstellen, geht man so ein kleines Stückchen nach hinten, ein paar Zentimeter, das muss der Chirurg sich aber dann in jedem in die Videofall angucken, wo genau. Und an diese Stelle wird unter die Haut die gekapselte Elektronik des Implantates eingesetzt. Da wird so ein kleines bisschen vom Knochen weggenommen und dann kann dort die Elektronik hingesetzt werden und von dieser Elektronik ausgehend. Gibt es dann die Elektrode, das ist dann eben diese Silikonglasnudel, von der wir gesprochen haben. Die geht dann von dort weg, erstmal zum Mittelohr. Der Chirurg, der muss also praktisch von hinter dem Ohr sich zum Mittelohr durchbewegen und wenn der erstmal in der Mittelohrhöhlung angekommen ist, dann sieht er auch vor sich die Gehörknöchelchen und geht dann seitlich an den Gehörknöchelchen dran vorbei zum runden Fenster oder knapp daneben und macht dort auf und setzt dann die eigentliche Stimulationselektrode, von denen eben nur die vorderen ungefähr 2,5-3 Zentimeter elektrisch aktiv sind, setzt die dann in die Schneckenwindung ein, indem er diese Elektrode langsam und vorsichtig vorschiebt und wenn er merkt, dass da Widerstand kommt, dann zieht er noch ein bisschen zurück, verdreht vielleicht ein bisschen und geht noch mal ran, bis er die Elektrode vollständig drin hat. Dann macht er diese Eingangsöffnung in die Kochlehr, in die Schnecke, macht er sauber zu, setzt also ein bisschen Bindegewebe drum rum, dass das schön fest wächst und schön dicht ist, verankert dann die Elektrode im Mittelohr, idealerweise noch auf eine Form, auf eine Art und Weise, dass da nicht sich das wieder rausziehen kann. Das muss nicht unbedingt gemacht werden, weil die Wahrscheinlichkeit so extrem niedrig ist, dass das passiert. Aber manche Chirurgen machen das, dass sie diese Elektrode im Mittelohr noch mal fixieren und dann wird an der Stelle, wo die gekapselte Elektronik sitzt, wird dann halt wieder wieder zugemacht, zugenäht. Und das war's dann eigentlich schon.

Tim Pritlove
3:34:30
Stefan Brill
3:34:37
Tim Pritlove
3:35:04
Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
3:36:27
Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
3:38:00
Stefan Brill
3:39:17

Ja, ganz so einfach ist das nicht. Also in der Zeit früher, als die Implantatelektronik noch völlig primitiv oder irgendwann mal gar nicht vorhanden war, Stichwort Steckerimplantat, Da war man extrem limitiert durch das, was das Implantat konnte, außer bei diesen Steckerimplantaten, weil die waren passiv. Das waren also für den bastelnden Nerd waren die Steckerimplantate das Perfekte. Da konnte man alles anflanschen, was man wollte. Aber die Implantate sind natürlich in vielerlei Hinsicht spezialisiert auf das, was man derzeit weiß, was das derzeit machbarste ist. Und wenn so ein Implantat konstruiert ist, dass es zum Beispiel zeitgleich nur einen einzigen Puls abgeben kann auf einer Elektrode und auf der anderen halt nicht. Dann kann man nie auf so eine Konfiguration kommen. Dass man eben zum Beispiel ausprobiert, wenn wir das schlau vorausbrechen, dann können wir ja doch wieder parallel stimulieren. Wenn das Implantat das nicht kann, zum Beispiel, weil eine Stromquälerei oben durchgeschaltet wird, dann kann das Implantat das nicht. Also das sind nach wie vor bis heute sind das Limitierungen, die jetzt einerseits natürlich deswegen existieren, weil man es noch nicht besser weiß, weil man noch keine noch schlauere gefunden hat, wie man es machen muss. Andererseits natürlich auch einfach auf Grund von Energieoptimierungen, weil das sind jetzt nur wirklich Systeme, bei denen es extrem auf Leistungsverbrauch ankommt. Das ist noch viel härter als das, was wir jetzt hier mit Mobilgeräten haben. Die wollen wir natürlich, dass sie möglichst lange laufen. Ja, schön, wenn man ganzen Tag mit dem Handy rund kommt und nicht schon unter dem Tag aufladen muss, ist das alles wünschenswert. Aber wenn so ein Patient alle zwei Stunden, theoretisch so ist es nicht, aber alle zwei Stunden da immer wieder neue Akkus reinschieben muss oder immer neue Batterien, dann ist das eine Kurbel noch hinter dem Ohr hat. Dann ist das einfach von der Praktikabilität im Alltag, dann wäre das so schlecht, dass das unheimlich an Wert verlieren würde. Und deswegen sind diese Systeme in vielerlei Hinsicht extremer als das meist andere, was es gibt, auf Leistungsverbrauch optimiert. Das sind also im strengsten Sinne wirklich wearable devices, wo dieses Schlagwort ja so immer wieder mal rumgeistert. Und unter anderem deswegen sind die teilweise auch alles andere als universell, sondern eben hochgradig spezialisiert auf das, was die jeweilige, Entwicklergruppe in der Firma oder früher in den Labores sich ausgedacht haben, was sie jetzt machen wollen.

Tim Pritlove
3:41:57
Stefan Brill
3:42:02
Tim Pritlove
3:43:36
Stefan Brill
3:44:12

Nee, nee, man, ja, es gibt natürlich viele Leute, die hätten das ganz gerne am nächsten Tag, aber wir warten normalerweise so zwischen vier und sechs Wochen. Das hat auch wirklich handfeste Gründe. Erstens ist nach der Operation natürlich noch die Haut eher mal geschwollen und man hat noch eine OP-Nabe. Das dauert also, bis das sich einigermaßen wieder auf den Normalzustand reduziert. Das kann also sein, dass die Haut noch zu dick ist, dass der Magnet gar nicht hält, dass man das gar nicht wirklich mechanisch stabil hinbekommt. Und dann gibt es aber noch einen anderen Grund und zwar den, dass das wirklich sauber und zuverlässig eingeheilt sein soll und fest drinsitzen soll ohne Wackler, ohne Wackelmöglichkeit meine ich damit, weil man sich ja vorstellen muss, dass die Patienten da täglich oder alle paar Stunden zumindest ihr externes System aufsetzen und wieder abnehmen. Aufsetzen, abnehmen. Mindestens einmal am Tag aufsetzen, abnehmen. Das heißt, man hat immer durch diesen Magnet, den man draußen draufsetzt und der innen auch, jetzt hat man immer so eine kleine mechanische Wackelkomponente. Wenn die Sache mal schön eingewachsen ist und alles stabil ist, ist das nicht auch nur ansatzweise ein Problem. Das ist einfach dann völlig okay. Aber wenn man das in den ersten Tagen nach der OP anfangen würde, frisch eingebracht, dann könnte es sein, dass man das Ding dann durch diese permanente mechanische, dass man das sozusagen wieder locker wackelt. Da können alle möglichen Sachen passieren, die unangenehm sind und deswegen machen praktisch alle Kliniken, die von denen ich weiß wie die das machen, warten zumindest ein paar Wochen ab bis das dann aktiviert wird.

Tim Pritlove
3:45:55
Stefan Brill
3:46:25
Tim Pritlove
3:47:45
Stefan Brill
3:47:57

Ja, eigentlich ist eine Menge Informationsaustausch erforderlich. Es ist ein Informationsaustausch. Da bin ich vorhin so ein bisschen salopp drüber hinweggegangen. Vor der OP notwendig. Es reicht nicht aus, nur diese medizinische Machbarkeit zu diagnostizieren. Ist das die Schnecke noch in Ordnung? Können wir es überhaupt machen und so weiter? So man muss auch mit den Patienten sprechen. Man muss auch mal abtasten, was die sich eigentlich erwarten davon. Und es gibt dann natürlich auch völlig bizarre. Unrealistische Erwartungen, so nach dem Motto dieses Implantat wird jetzt mein Leben zum Guten wenden. Das ist zwar de facto bei vielen Patienten dann so, aber die Erwartungen können auch viel zu hoch sein, dass die Patienten glauben, wenn das Ding dann eingeschaltet wird, können sie wieder telefonieren. Das ist erstmal nicht so und es ist auch nicht bei allen Patienten zwingend so, dass das jemals geht. Also bei sehr vielen wird es so weit kommen, dass sie telefonieren können. Aber es bleibt auch immer ein gar nicht so kleiner Prozentsatz, ob ich der das eben nie können wird. Und wenn dann aber die Patienten beispielsweise schlechte Voraussetzungen haben, zum Beispiel die waren schon 30 Jahre taub und das Ding hatte das ganze neuronale System hatte, endlos Zeit schön zu degenerieren. Und wenn dann die Erwartung ist, wenn ich das Ding jetzt kriege, dann kann ich spätestens bis Weihnachten mit meiner Tochter telefonieren. Dann muss man schon mal wirklich sagen, dass das noch nicht so ist. Und das ist natürlich Aufgabe vieler Leute an der Klinik. Da bin ich in diesem Vorfeld bin ich normalerweise noch nicht drin, aber das machen dann eben die Mediziner, die dann sich darum auch...

Tim Pritlove
3:49:45
Stefan Brill
3:50:25
Tim Pritlove
3:51:44
Stefan Brill
3:51:46
Tim Pritlove
3:52:05
Stefan Brill
3:52:08

Den hat man noch gar nicht. Man geht also gar nicht erst auch nur ansatzweise auf dem akustischen Weg, sondern alles digital direkt vom Rechner kontrolliert. Und dann wählt man halt am Rechner, wählt man entsprechende Elektrodenkontakte an und schaltet die ein, schaltet die aus, stimuliert die, aktiviert die und versucht von den Patienten Angaben darüber zu bekommen, wie sie das wahrnehmen. Also wie ist die Lautstärke oder soll man noch ein bisschen lauter machen, ist das jetzt gleich laut wie der andere, ist die Tonhöhe unterschiedlich etc. Dann tastet man sich so nach und nach über die Elektrodenkontakte, die die Patienten haben, der Reihe nach durch. Versucht so alle ungefähr auf die gleiche Lautstärke zu bringen. Und dann schaltet man das Gesamtsystem mal ein mit akustischem Eingang von außen, dass also jetzt schon dann das Spektralanalyseprozedere losgeht, dass das Mikrofon akustische Signale aufnimmt, das Spektral analysiert und das dann auf die Elektroden in dem Maße drauf abbildet, wie man das unmittelbar vorher eingestellt hat. Und dann hat man, bei Patienten, die sehr gute Voraussetzungen haben. Das sind oft welche, die nur ganz kurz taub waren und bis dahin dann aber noch normalhöhrend waren. Also der klassische Fall, Patient hatte einen Arbeitsunfall mit Schädelbasisfraktur, die dann blöderweise auch noch durchs Felsenbein so durchging, dass die schlagartig aus einem völlig normalhöhrenden Zustand in die Taubheit gefallen sind. Und wenn man dann auch noch nicht allzu lange wartet, wenn man dann schon ein halbes Jahr später das Implantateinsatz, Dann ist das manchmal so, wie wenn man Radio einschaltet. Und dann kann man kann man gleich mit denen reden. Das ist aber die Ausnahme. Das ist vielleicht ich würde mal so aus dem Bauch heraus sagen, vielleicht bei fünf Prozent der Patienten ist das der Fall. Viele Patienten hören Geräusche. Dann fängt man natürlich erst mal an, wenn das Ding dann läuft und aktiviert ist. Fängt man erst mal an mit irgendwelchen Geräuschen. Man klopft mal auf den Tisch, pock pock pock, so ein dumpfes Signal. Mal klatscht man in die Hände. Das ist schön laut. Da kommt schon was rüber und man sieht es auch. Und dann ist das schon das Breitbandiges, so ein schlagartiges Signal. Dann haben wir diverse Soundspielzeuge immer an diesen Anpassplätzen rumliegen. Dann nimmt man sich hier mal so ein Glas und dängelt mal mit Metall dagegen. Und dann hören die Sachen, die die vielleicht 30 Jahre nicht mehr gehört haben.

Tim Pritlove
3:54:44
Stefan Brill
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Ja, ich habe da schon, da sind erwachsene Leute schon in Tränen ausgebrochen. Also wirklich einer der schönsten Fall, das gibt es sogar als Video, das ist schon ewig her, das war als wir damals dieses CIS-artige System mit dieser CIS-Strategie erst mal gebaut hatten. Dann bin ich bei einer der ersten Kliniken gewesen, die das eingesetzt haben, das war in Wien und bin dann nach Wien gefahren, habe dann so eine Einstellungssitzung gemacht und da saß so ein totaler Wiener Grantler vor mir. mir. Der war Fleischhauer, wie das in Wien heißt. Also der war in so einer großen... Wie nennt man das? So eine Industrie-Schlachterei. Er war Schlachter. Ich weiß nicht, was er da genau gemacht hat. Schweinehälften zerteilt oder keine Ahnung. Und er war auch dort verunfallt. Der hatte dort auch irgendwie war der mit dem Kopf auf irgendeine keine Ahnung, so eine Kante aufgeschlagen, war taub. Und der so ein richtiger Grantler, der saß da vor, hat man schon 1000 Sachen mit mir probiert und nichts hat funktioniert. Und jetzt das auch noch. Jetzt habe ich noch diese OP machen müssen, so ungefähr. Und da habe ich gedacht, boah, das wird hart, ob da mal was bei rauskommt. Und dann habe ich das halt da aktiviert. Und als ich das Ding eingeschaltet habe, dann blühte der auf einmal auf. Ich verstehe, was Sie sagen. Sagen Sie doch noch mal was. Also ich weiß, es ist jetzt nur diese emotionale Situation. Und dann war in dem Moment einer von den jungen Assistenzärzten, die sich für diese Sache interessierten, inzwischen Professor und weltweit bekannt, der war da mit dabei und dem fielen die Augen raus. Der ist zum Telefon gestürzt, hat seinen Chef, was der Klinikdirektor war, hat der angerufen, sie müssen sofort runterkommen, ein Wunder ist geschehen, ein Wunder. Und dann habe ich den Patienten mitsamt dem Gerät, habe ich erst mal rausgeschickt, dann ist der eine rauchen gegangen oder was und stand dann im Eingangsbereich von dem Klinikum, da wo diese die ganzen Autos durchkommen und auch mal eine Ambulanz hilft und es regnete und es regnete und da stand er da unter dem Dach, rauchte eine und dann kam er wieder zurück und erzählte er Er hat die Scheibenwischer von dem Taxi quietschen hören. Unglaublich, und dann sind uns alle die Tränen geflossen und so und das war alles ganz toll und schön und das war alles wunderbar und aus diesem ur-Krantlerischen schlechtgelaunten Menschen war ein glücklicher Mensch geworden für zumindest diese Zeit, aber ich habe den dann immer wieder mal so in den wenigen Jahren danach noch gesehen und der hatte sich da also wirklich in vielerlei Hinsicht wieder gefangen. Das sind diese emotionalen Sachen.

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Ja, also es hat jetzt gerade letztes Jahr eine sehr große Belohnung gegeben. Das ist der sogenannte Laske Award, der ist jetzt im Oktober, glaube ich, 2013 vergeben worden. Und den haben drei Pionierforscher auf dem Gebiet bekommen und zwar Ingeborg Hochmeier, mit ihrem Mann zusammen Mitte der 70er das erste mehrkanalige mit mehreren verschiedenen, also diese spektrale Repräsentation als erstes versucht haben. Dann Graham Clark, das ist ein Australier, der Ende der 70er Jahre, Anfang der 80er dann eine gute Arbeitsgruppe zusammengestellt hat und im Prinzip als Leiter dieser Arbeitsgruppe es im Wesentlichen geschafft hat, so ein erstes klinisch brauchbares und über das Labor hinaus, dem Labor entwachsene klinisch verwendbare System auf die Beine zu stellen. Und dann Blake Wilson, der diese CIS-Strategie zusammen mit seiner Arbeitsgruppe und in Kooperation mit einer befreundeten Arbeitsgruppe im Labor entwickelt haben. ist diese schnelle Zerhacker-Strategie. Also diese drei Leute haben den. Laska preis gekriegt übrigens zusammen mit Bill Gates der hat den auch Ich weiß nicht für diese Melinda Bill Gates Stiftung mit Melinda Gates Und dieser laska preis ist schon richtig hoch aufgehängt das ist der wichtigste preis für medizin für medizinische forschung den die usa zu vergeben haben Und der ist eigentlich nur noch eine stufe unterm Nobelpreis und damit sind wir jetzt natürlich auch beim Nobelpreis von dem im Moment noch keiner weiß ob das Cochlea Implantat oder irgendwelche Forscher auf dem Gebiet den vielleicht mal kriegen werden. Aber es ist so, dass es ich glaube 83 Nobelpreisträger gibt, die vorher diesen Laska-Preis gekriegt haben.

Tim Pritlove
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Stefan Brill
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Tim Pritlove
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