CRE212 Saudi Arabien

Ein Bericht aus einer verschlossenen arabischen Welt

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Miriam ist Islamwissenschaftlerin und ist auf mehreren längeren Reisen und Tätigkeiten in arabischen Ländern und zuletzt vor allem in Saudi Arabien unterwegs. Wir sprechen über Politik, Kultur, Religion und die Zerrissenheit des Landes und die Wechselwirkungen der westlichen und arabischen Welt.

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Tim Pritlove
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Miriam Seyffarth
Shownotes

61 Gedanken zu „CRE212 Saudi Arabien

  1. Bin grad bei ca. Minute 40, wo es um die Distanz zwischen sich fremden Männern und Frauen geht.

    Frage dazu:

    War das vermutlich im arabischen Raum schon immer so? Oder ist das auch eher dem religiösen Fundamentalismus geschuldet?

    Es gibt doch so Fotos aus dem Iran oder Irak in den 1960ern, wo die Frauen/die Gesellschaft genau so „westlich“ daher kommt, wie bei uns damals/heute.

    (Z.B. dieses Bild von dieser Website)

    • Es stimmt, dass sich in vielen Ländern des Arabischen Raums die „Re-Islamisierung“ in den 1970ern Bahn gebrochen hat und damit die „Verwestlichung“ in diesen Ländern wieder zurückgedreht hat: https://de.wikipedia.org/wiki/Islamisches_Erwachen Daher kann man es heute kaum noch glauben, wenn man Fotos aus Afghanistan, Iran oder Ägypten sieht, wo die Frauen kurze Röcke, westliche Outfits und kurze Haarschnitte tragen.

      In Saudi-Arabien ist der Fall etwas spezieller, so mega westlich waren die Menschen da nicht in den 1960ern, allerdings gab es eine große Bevölkerungsgruppe, die die Anwesenheit der Amerikaner im Land und deren westlichen Einfluss stark abgelehnt hat. 1979 fand in Mekka die Besetzung der heiligen Moschee statt, der größte Terroranschlag der damaligen Zeit, bei dem diese konservativen Kräfte gegen das „Kuscheln“ der Herrscher mit westlichen Kräften protestieren wollten. Im Nachgang gab die Herrscherfamilie diesen konservativen Kräften im Land tatsächlich wieder mehr Aufmerksamkeit und Gewicht (vgl. dt. Volksparteien machen flüchtlingsfeindliche Politik um AFD „Wind aus den Segeln zu nehmen“) so dass das ganze Land in den folgenden Jahrzehnten in mancher Hinsicht immer konservativer wurde.

      Nicht in jeder Hinsicht aber. Saudi-Arabien ist ein Land der Widersprüche, und während es in einigen Punkten immer religiöser und konservativer wird, findet in anderen Bereichen immer mehr Öffnung statt (Frauenwahlrecht etc.). Die konservativen und die liberaleren Kräfte kämpfen bereits seit Jahrzehnten gegeneinander und die Herrscher müssen versuchen, die Balance zu halten.

      Hinzu kommt, dass es in vielen Provinzen in Saudi-Arabien eigene lokale Traditionen gab, die wesentlich liberaler waren, als der heutige Wahhabismus es ihnen auferlegt. In manchen Regionen haben die Frauen selbstverständlich den Markt organisiert und haben sich kaum/anders/bunter verschleiert. Der sich ausbreitende Wahhabismus radiert in diesen Regionen also nicht eine westliche Lebensweise aus, sondern eine lokal-arabische, die aber vorher liberaler war.

  2. Eine Frau wird wegen Hexerei enthauptet (2011), homosexuelle Männer werden hingerichtet, Menschen werden ohne Gerichtsverfahren und ohne Anklage inhaftiert. Der Strafenkatalog dort, liest sich wie der des IS.

    Und die einzige Ungerechtigkeit dabei ist, dass sich nur die vermögenden davon frei kaufen können?

    Holla die Waldfee.

    Bei dieser locker flockigen Erzählweise habe ich beim Durchhören darauf gewartet, wie vielleicht irgendwann von einer passiven oder aktiven Teilnahme an einer Steinigung berichtet würde. Genau so wie unschuldig wie bei der Gebets-App:

    „Hä was? Ich dachte man hat mehr als einen Steinwurf pro Person? Was ist das denn, krass? […] und dann hab ich am Pool gechillt.“

    • Genau das dachte ich auch.
      Ein Strafkatalog der seines gleichen sucht, wird so nebenbei mal abgefrühstückt, die Lage der Frauen mit denen in der Schweiz (!!!) vor fünfzig Jahren verglichen und am Ende wird für die „Toleranz“ für sogenannte kulturelle Eigenarten geworben. Ja, Himmel nochmal, Saudi Arabien ist Mitglied des UN-Menschenrechtsrates, Internet und YouTube erfreut sich größter Beliebtheit, aber so zutun als ob Auspeitschen, Enthaupten und Steinigen „irgendwie“ halt dazugehören, dass lässt mich an die „armen Wilden“ denken, die es halt nicht besser wissen. Nein, sie wissen es besser und sie tun es trotzdem. Nebenbei bemerkt, die Künstler und Blogger werden nicht nur zu „absurden Haftstrafen“ verurteilt, sondern auch zu 500, 600 oder 1000 Peitschenhieben, wie Raif Badawi, Der stammt übrigens aus Jeddah, wo es so tolle Tauchreviere gibt und es sich so gut chillen lässt.

  3. 1:39:30 „Alle Frauen dürfen kategorisch nicht Autofahren in Saudi Arabien“. Bei einem Vortrag von einem Araber vor kurzem habe ich erfahren, dass das ein Gerücht sein soll. Frauen mit einem ausländischen Führerschein dürften in Saudi Arabien durchaus Autofahren. Verboten sei weiterhin nur das Ausstellen von Führerscheinen an Frauen innerhalb des Landes. Frauen würden zum Teil im Ausland ihren Führerschein machen. Ob sie sich dann den Verkehr im Land zutrauen, ist natürlich eine andere Sache, aber das Fahren sei für Frauen keinesfalls kategorisch ausgeschlossen. Eine Kurzrecherche im Netz zeigt auch, dass es da wohl schon vor ein paar Jahren eine Gesetzesänderung gab, also vermute ich mal, der Redner meiner Vortragsreihe hatte recht.

    Hat da jemand nähere Infos, um die Sache korrekt im Raum stehen lassen zu können?

    • Das Autofahrverbot für Frauen ist eine komplizierte Sache. Es stimmt, dass es kein irgendwo aufgeschriebenes Gesetz gibt, wo drin steht, dass Frauen nicht autofahren dürfen und dass es „lediglich“ verboten ist, Frauen in Saudi-Arabien einen Führerschein auszustellen.

      Das Widersprüchliche ist nun, dass das Autofahrverbot aber trotzdem konsequent durchgesetzt wird im Land, viele Menschen wissen das auch, dass es dafür kein Gesetz gibt, aber es wird quasi als „Gewohnheitsgesetz“ behandelt. Saudische Frauen können im Ausland ihren Führerschein machen, aber sie dürfen damit nicht in Saudi-Arabien fahren (letzter berühmter Fall von Loujain Hathloul: https://en.wikipedia.org/wiki/Loujain_Alhathloul)

      Das Autofahrverbot gilt praktisch konsequent, auch für ausländische Frauen. Es hilft Dir wenig, wenn Du von der Religionspolizei verhaftet wirst und dann mit denen diskutieren willst, dass es dafür aber keine gesetzliche Grundlage gibt.

      Es gibt immer wieder muslimische Gelehrte, die das Fahrverbot mit absurden religiösen Behauptungen begründen. Interessanterweise propagiert die Herrscherfamilie neuerdings, das Fahrverbot sei eine „kulturelle“ Angelegenheit, keine religiöse: http://www.express.co.uk/news/world/665427/Saudi-Arabia-women-driving-religion Daraus lesen viele ab, dass das eine erste Vorbereitung für die Abschaffung des Fahrverbots sein könnte. Wenn es keine religiöse Basis hat und der König das der Bevölkerung so verkauft bekommt, kann er das Verbot auch bald abschaffen. Auch interessant: Umfragen haben gezeigt, dass mehr saudische Männer für eine Abschaffung des Verbots sind als saudische Frauen (vermutlich haben die Männer einfach keine Lust mehr, ihre Frauen ständig rumzukarren.)

      • Die Dame wurde dann übrigens des Terrorismus angeklagt, weil ihr Versuch, das Fahrverbot zu umgehen, quasi als Aufruhr/Public Unrest aufgefasst wurde, der die Gesellschaft destabilisieren könnte.

  4. Vielen Dank für den interessanten Podcast.
    Ich habe als Kind mehrere Jahre in Saudi Arabien gelebt und hätte, nach diesen Schilderungen, große Lust, mir das Land und seine Veränderungen anzusehen. Und natürlich auch die Sonne genießen, die fehlt mir hier auch zu sehen.

  5. Vielen Dank für diese tolle Folge. Ich war selber Anfang 2009 für 3 Monate in Saudi Arabien. Ich selber habe in Dammam gelebt und gearbeitet und kann vieles von dem was Miriam berichtet hat nur bekräftigen. Ich habe das Saudische Volk als sehr zwiegespalten erlebt, viele der Leute mit denen ich gearbeitet habe, sind hinter vorgehaltener Hand westlich eingestellt und würden gerne ein offeneres Leben führen. Dem gegenüber steht aber auch eine ganze Menge an Leuten, die sich immer sehr konservativ verhalten haben, aber an den arabischen Wochenenden über den Causeway nach Bahrain gefahren sind um sprichwörtlich die Sau rauszulassen. Ich würde es scheinheilig nennen. AM schlimmsten fand ich aber wie mit den Expats umgegangen wird, ich hatte Kollegen aus Indien die bei der Einreise für mehr als 24 Stunden grundlos vor der Immigration warten mussten. Überhaupt ist der Umgang der Saudis mit den Gastarbeitern mehr als fraglich. Wenn man sich das in einerm hierarchischen Gefüge vorstellen will, müsste das folgendermaßen sein: Zuerst die Saudis dann kommt erstmal nichts, dann Europäer und US-Ameriakner dann kommt eine große Lücke, nach der dann Inder folgen, dann Pakistinis und Bangladschis und am untersten Ende kommen Somalis, die wie mir in einem sehr intimen Gespräch erklärt wurde fast wie Sklaven gehalten werden. Da war ich doch sehr schockiert.

    Leider habe ich nur Dammam und Ryadh kennenlernen dürfen, die ja wie gesagt wurde eher als konservativ gelten. Nach meiner Erfahrung trifft das auf den größten Teil Saudi Arabien zu und Jeddah ist da doch eher eine Außnahme.

    Was den Verkehr angeht kann ich auch nur zustimmen, nur habe ich den ersten Verkehrstoten auf meinem Weg vom Flughafen ins Hotel gesehen.. Ich bin selber dort Auto gefahren und brauchte nach meiner Rückkehr etwas Zeit um mich wieder an deutsche Verkehrsregeln zu halten :-).

    Ich bin sehr zwiegespalten was ich von diesem Land halten soll, ich habe sehr viele tolle Erinnerungen die aber asugeslöst von Einzelpersonen sind, aschaue ich aber auf die Gesellschaft als ganzes, so sehe ich doch seh große Defizite was Einhaltung von Menschenrechten und dergleichen angeht.

    Ich habe mir die Frage gestellt, ob ich nochmal da hingehen würde: Ich für mich kann sie mit Ja beantworten, ich würde sehr gerne Jeddah mal besuchen, um meine doh eher eingeschränkte Sicht zu erweitern.

    Vielen Dank nochmal.

  6. Miriam …. bitte, bitte mach mehr Podcasts!

    Deine Stimme und deine Art zu Reden vermitteln die Inhalte so unverblümt freudig und spaßig, dass ich dir ewig zuhören und auch auf weitere Nuancen in deiner Aussprache warten möchte.

  7. Also, ich habe mir das Gespräch jetzt angehört. Deckt sich 98% mit meinen Erfahrungen aus Riad und dem Norden. Allerdings: in den kleinen Städten und in der Wüste fahren die Frauen dann doch vereinzelt Auto. An Deutschland finden viele neben Autos und Fußball (D hat ja damals 8:0 gegen SA gewonnen, demnach sind sie fast so gut wie Brasilien (7:1)) auch Hitler toll (Hakenkreuzschmierereien sind immer mal wieder – auch an entlegenen Ausflugszielen – anzutreffen), und den wohltemperierten Winter kann man sich im Landesinneren in die Haare schmieren (Minus-Grade sind durchaus üblich für Riad, und im Norden hatten wir genug Schnee für ein paar ordentliche Schneemänner).

    • PS: In der Umgebung von Riad gibt es auch ein paar Sanddünen. Da kann man super Quad fahren als Freizeitbeschäftigung. Und Bahrain ist zum Glück nicht ganz so weit wie von Dschidda, wenn man mal wieder „ins Kino“ will ;-)

  8. Ein Staat der direkt den Terror finanziert, die grausamsten Todesstrafen fast täglich vollstreckt und ein mittelalterliches, uns gegenüber feindliches Gesellschaftssystem drakonisch aufrecht erhält (5000 Prinzen).

    GEHTS euch noch gut ihr FREAKS????????? Was bringt und labert ihr für eine Scheisse??!

    • Naja, ein Gutteil der Argumente könnte man auch auf den einen oder anderen westlichen Staat anführen. Aber Du willst uns ja wohl nicht das berichten verbieten, oder? Das wäre ja sehr unfreiheitlich.

      • Sicherlich nicht, soll auch nicht so rüberkommen – aber ich finds traurig wie wir als hochtechnisierte Welt, vom Verstand und Bildung rational und humanistisch so einen Kniefall vor solchen Leuten/Ländern machen.

        Das ist für mich nicht mehr rational nachvollziehbar.

  9. Eine sehr interessante Folge, vielen Dank :-)

    Zum Thema Bildung in Saudi Arabien sei noch die King Abdullah University of Science & Technology genannt: https://www.kaust.edu.sa/en

    Ich lauschte in Konstanz im Jahre 2014 mal einem wissenschaftlichen Vortrag eines dort forschenden, westlichen Post-Docs. Fachlich, technisch & finanziell war die Uni offenbar sehr gut ausgestattet. Nach dem Vortrag trat ein Vertreter der Uni auf (Studentensekretariat, Öffentlichkeitsarbeit oder so) und warb bei uns Student(inn)en für die KAUST. Er versicherte z.B., dass auf dem Campus eben keine geschlechterspezifischen Regeln für Verhalten, Bekleidung oder so gelten würden.

    @Miriam: Kannst du das vielleicht bestätigen? Hast du dir selbst mal ein Bild der KAUST machen können?

    • Ich habe eine Menge westliche junge Akademiker*innen getroffen, die an der KAUST geforscht haben, ich bin auch immer wieder von denen auf den Campus eingeladen worden, konnte aber leider den Einladungen nicht folgen, weil Diplomaten (egal welcher Nation) den Campus nicht betreten dürfen. Deswegen konnte ich mir kein Bild vor Ort machen. Generell ist der Campus sehr abgeriegelt und es ist schwer, auch als Nicht-Diplomat, dort hinzukommen. Nach dem, was ich gehört habe, ist der Campus eine ziemliche Bubble mitten in der Wüste, er liegt ca. 1h von Djidda entfernt mitten im Nichts. Es stimmt, dass dort männliche und weibliche Studierende zusammen forschen und es weniger rigoros geregelt ist, als anderswo. Gleichzeitig ist es so, dass die KAUST ein Herzensprojekt des verstorbenen Reformkönigs Abdullah war, und er dieses gegen sehr viele Widerstände durchgesetzt hat. Die KAUST wird von vielen Konservativen sehr kritisch gesehen/abgelehnt. Bleibt die Frage, wie lange sich die Uni ihren Sonderstatus ohne die Unterstützung von Abdullah erhalten kann. Es ist zweifelsohne ein für Saudi-Arabien sehr ungewöhnlicher Ort, aber eben auch eine Blase, und vor allem von vielen ausländischen/westlichen Akademiker*innen bevölkert und dadurch auch nicht so super repräsentativ für den Rest von Saudi-Arabien.

  10. Ein sehr interessanter Podcast, vielen Dank dafür. Dass Saudi-Arabien einige „Issues“ mit sich bringt, wurde immer wieder zwischen den Zeilen klar, drei Stunden in denen „Die hacken Arme und Köpfe ab, alles religiöse Eiferer, Terroristenunterstützer!!1elf!!“-Tiraden auf das Land abgefeuert werden, wie von einigen Vorpostern als Grundannahme gefordert, bringen niemanden weiter. Persönlich habe ich viel Neues über das Land erfahren, obwohl es mir fremd bleiben wird. Letztendlich bleibe ich unschlüssig zurück, ob ich den quasi zementierten Status Quo der Authoritäten oder eine Phase der revolutionären Reorganisation eher präferieren sollte.

  11. Hallo Ihr beiden,
    danke, dass ihr euch dieses Thema gewidmet habt. Ich habe mir die ersten 40 Minuten angehört.
    Folgende technische deutsche Wörter stammen aus dem arabischen:
    – Algorithmus: Nach dem dem Erfinder des Algorithmus Al Khawarizmi
    – Algebra: Al dschabr
    – Ziffer: Sifr ist 0 – 0 ist eine arabische Erfindung. Ohne die 0 hätten wir heute keine Rechner.
    – Chemie: Al Kemiaa
    Es gibt noch mehr… Was die meisten leider nicht wissen, ist dass, Araber im Goldenen Zeitalter (bekannt in Europa als Mittelalter) eine fortgeschrittene Zivilisation entwickelt haben. Städte wie Bagdad, Fez (erste Uni der Welt), Cordoba oder Granada waren Zentren für Kultur, Kunst und Wissenschaft gewesen.
    Die Muslime waren Vorreiter in verschiedenen Gebieten, darunter Astronomie, Physik, Mathematik, Medizin und Geographie. Um einige Namen zu nennen:
    – Astronomie: Ibn al haitam
    – Medizin: Ibn Sina (Avicenna), Al Razi,
    – Mathematik : Al Khawarizmi, Al Biruni
    – Geographie: Al Idrissi
    @Myriam: Lesen ist „Karaa“ und nicht „Kataba“. Das Wort Bibliothek leitet sich aus dem Wort „Kataba – schreiben “ und nicht „Karaa-Lesen“, wie von Dir erwähnt ist :) Ich bin mir aber sicher, dass es eine Verwechselung war!
    Ich freue mich auf den Rest des Podcasts…

    • Ja, die Verwechslung der Wurzeln für „Lesen“ und „Schreiben“ ist mir auch kurz nach der Aufnahme aufgefallen und war mir direkt peinlich… Danke für die Korrektur und die Beispiele!

  12. Insgesamt sehr interessanter Einblick in ein sonst recht unbekanntes Land. Wo ich aber als selbst (oder gerade?) als Laie stutzen musste, war, als Frau Seyffarth den Iran in die Arabische Welt einordnete. Das hat sie für mich als „Expertin“ etwas diskreditiert. Es sollte doch wohl jedem bekannt sein, dass Persien (Iran) und Arabien zwei paar Schuhe sind. Hier nur über die gemeinsame Religion zu gehen, halte ich für äußerst gewagt.
    Durch kurzes Googeln habe ich dazu Folgendes gefunden:

    „In der arabischen Welt spricht man arabisch. Im Iran ist die Amtssprache jedoch persisch beziehungsweise Farsi. Iraner sind Perser und keine Araber. Sie sind stolz auf ihre eigene, ältere und längere Hochkultur und möchten deshalb nicht als Araber bezeichnet werden. Wenn Sie den Unterschied kennen, beeindrucken Sie als Europäer Ihr Gegenüber.“

    Nordafrika kann/darf man hingegen schon zu Arabien zählen:

    „Die arabischen Staaten lassen sich in drei Regionen mit je eigenen Merkmalen einteilen: Zum Maghreb gehören Algerien, Mauretanien, Marokko, Libyen und Tunesien. Zum Nahen Osten zählen Ägypten, Jordanien, Irak, Libanon, Palästina und Syrien. Die Staaten, die am Persischen Golf liegen, gehören zu den Golfstaaten. Diese sind Bahrain, Katar, Kuweit, Jemen, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate.“

    Quelle:
    http://www.business-wissen.de/artikel/interkulturelle-kompetenz-und-interkulturelles-training/

  13. Ich habe längere Zeit da gearbeitet u kann sagen, daß es das schlimmste Land (ok, nach
    Nordkorea) ist. Es gibt nichts aber auch gar nichts zu tun. Evtl mal an einen private Beach (z.B. Sheraton Hotel) gehen. Kostet dann mal
    So locker 30 € Eintritt. Es gibt nichts Romantisches hier, es ist einfach nur schlimm.
    Die Expats reden nur über folgende Dinge: Igama und Sadiki. Habe davon im Berucht nicht gehört. Man lebt in Compounds wie in einem Gefängnis. Arbeiten mit diesen Leuten ist nahezu unmöglich. Saudus sund die grössten Rassisten, die ich kenne. Die behandeln z.B. die Filipinos wie Tiere. Was die über Juden sagen, kann ich hier nicht schreiben. Das Wort „Motava“ wurde nicht erwähnt. Das ist die religiöse Polizei, die mit Stöcken rumläuft. Usw usw. Der Beutrag romantisiert. Lasst Euch keinen Bären aufbinden. Saudi Arsbien ist kein freundliches Land u die Saudis schon gar nicht.

  14. Der lockere Tonfall in der Sendung hat mich auch etwas überrascht. Über das Land hört man ja sonst nur Horrornachrichten. Aber als Kontrastprogramm kann man das ruhig mal bringen.

    Was ich von Miriam gerne wissen würde ist, welche Veranstaltungen man dort organisieren kann, wenn Musik- oder Filmaufführungen nicht möglich sind. Das schließt ja einen großen Teil des Kulturspektrums (speziell Popkultur) aus.

    • Ein paar meiner Projekt findest Du hier auf der Seite unter „Projekte“: http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/55068.asp

      Bei der Veranstaltungsorganisation kommt es wie immer darauf an, die richtigen Leute zu kennen, einen Veranstaltungsort zu haben (schwierig), der einen besonderen Schutz genießt, so dass die Veranstaltungen nicht einfach verboten werden können (sehr schwierig). Hinzu kommt eine gewisse „Diskretion“, um sicher zu gehen, wird über viele Veranstaltungen nie im Vorhinein gesprochen, um kein Verbot zu riskieren. Daher muss man da sehr kreativ sein in dem Bereich.

  15. Endlich wieder ein CRE, noch dazu mit einem so interessanten Thema!
    Nach langer Abstinenz wird wieder eindrucksvoll bestätigt, daß CRE produktionstechnisch wie auch vom Interviewer her einfach mit Abstand der beste Podcast im deutschen Sprachraum ist.
    So hat sich Tim auch redlich bemüht, der sympathischen Miriam wenigstens irgendetwas nicht Triviales zu entlocken, was die Einladung einer Islamwissenschaftlerin rechtfertigt. Leider ohne Erfolg. Man hat den Eindruck, sie will lieber von ihren lustigsten Urlaubserlebnissen erzählen weil das ganze Islamdings, die Kultur, die Gesellschaft eh fad ist.

    Auch fand ich einiges übertrieben. Daß man zB. extra wichtig sein muß um nach Jeddah reisen zu können kann ich nicht bestätigen. Eine normale Einladung eines normalen Geschäftspartners reicht. Vom Aufwand her gleich zB Russland. Würde mich wundern, wenn es da nicht auch Visa-Büros gibt, die einem auch als Privaten diese Einladungen problemlos besorgen.
    Daß dafür die Aspekte, wo man gar nicht lange übertreiben muß – Enthauptungen und Kreuzigungen – überhaupt nicht erwähnt wurden, finde ich eine etwas eigenartige Herangehensweise.

    • Es ist nicht alles schlecht. Bei den USA redet man auch nicht in erster Linie (und auch nicht in zweiter oder dritter) über die Hinrichtungen (die dort auch teilweise mit Publikum stattfinden). Was ich finde, was gut rauskommt: es gibt eben solche und solche Saudis. Die meisten möchten nunmal ihr eigenes Leben nicht zur Verteidigung irgendwelcher Werte riskieren. Schade finde ich, dass du es als Urlaub diskreditierst, wenn jemand in einem anderen Land arbeitet. Aber ja, als Westler lebt man in einem goldenen Käfig. Aber vielen gefällt das.

      • Die Todesstrafe in Amerika mit den Hinrichtungen in Saudi Arabien zu vergleichen ist schon mehr als gewagt. Man bedenke die Methoden (Auspeitschen, Köpfen, KREUZIGEN!) und die Gründe dafür. Da kann man zu Amerika und der Todesstrafe stehen wie man will, das im selben Atemzug zu nennen ist hanebüchen.

        Ich diskreditiere es übrigens nicht als Urlaub, ich beschreibe nur meine Wahrnehmung des Gesagten. Diese Wahrnehmung mag natürlich variieren. Freundschaft.

  16. Ich bin irritiert über die zurückhaltende und mitunter fast verständnisvolle Art mit der hier über Saudi-Arabien und die dortige „Administration“ geredet wird. Es ist ja nicht nur so, dass dieses Regime Teile der eigenen Bevölkerung und die zahlreichen Sklaven unterdrückt, es exportiert seine menschenfeindliche Ideologie zudem auch noch in unzählige Länder. Ich habe mich gefragt, ob Miriam nach einem Deutschland-Aufenthalt 1937 ähnlich „differenziert“ über die Verhältnisse geurteilt hätte.

  17. @Miriam hat an einer Stelle gesagt, schlimmer als Atheismus sei nur noch Homosexualität. An anderer Stelle habe ich den Vergleich umgekehrt gehört – könntest du das noch einmal ausführen?

    • Hm, ich glaube eigentlich nicht, dass man das wirklich gewichten oder gegeneinander aufwiegen kann (falls ich das gesagt habe, entschuldige ich mich dafür und nehme das zurück). Für beide „Vergehen“ kann man im schlimmsten Fall mit dem Tode bestraft werden: https://en.wikipedia.org/wiki/LGBT_rights_in_Saudi_Arabia und https://en.wikipedia.org/wiki/Discrimination_against_atheists#Saudi_Arabia Atheismus wird zudem neuerdings auch als ein „terroristisches Vergehen“ behandelt. Absurd.

      Beides wird von vielen in der saudischen Gesellschaft als mehr oder weniger „inkompatibel“ mit dem Islam und damit mit der Gesamtgesellschaft gesehen. Das liegt in der Natur des fundamentalistischen Islam. (Es gibt aber auch sehr viele andere Strömungen des Islam, die das lockerer sehen, die sind aber eher nicht in Saudi-Arabien zu finden.) Menschen in Saudi-Arabien, die sich als homosexuell*queer oder atheistisch identifizieren, haben damit allen Grund, sich von ihrer Umwelt entfremdet und bedroht zu fühlen. Wie immer kommt es aber natürlich auf das individuelle Umfeld an: In einer liberaleren Familie würde das vielleicht als „offenes Geheimnis“ behandelt werden, so nach dem Motto „Du kannst sein wie Du willst aber bitte erzähl nicht den anderen Leuten davon“.

      • > Es gibt aber auch sehr viele andere Strömungen des Islam, die das lockerer sehen, die sind aber eher nicht in Saudi-Arabien zu finden.

        Hallo Miriam,

        welche Strömungen sind das konkret? Und was bedeutet in diesem Zusammenhang eigentlich „lockerer“ sehen von Homosexualität/Atheismus bei denen?

  18. Vielen Dank, Tim, dass Du CRE nicht sterben lässt.

    Wie andere Kommentatoren war ich zwar auch etwas über die, na ja, sagen wir: unkritische Haltung gegenüber dem Regime erstaunt, dessen Wertvorstellungen sich AFAICS nicht sonderlich von denen des IS unterscheiden.

    Nichtsdestotrotz fand ich die Einblicke in dieses Land sehr interessant, danke Euch beiden für diesen Podcast

    Mein Wunschthema im Anschluss daran wären: Israel.

    Aber ich freue mich auch, wenn Du wieder eine naturwissenschaftliches Thema bringst.

  19. Es gibt eine recht gute Doku von ARTE auf youtube.
    „Das Koenigshaus der Saud“. 105 Minuten lang. ca. 2010. Die Doku ordnet wichtige hist. Ereignisse in SA in einen globalen historischen Kontext.
    https://www.youtube.com/watch?v=_A_KDjyAP_0

    Emmanuel Todd und Youssef Courbage bieten guten Lesestoff. Diese beiden Soziologen analysiern „islamische“ Gesellschaften auf eine gute wissenschaftliche und nicht politische art.

  20. Technisch und Thematisch wie immer 1A Podcast, danke dafür.

    Leider bleibt bei mir trotzdem ein sehr bitterer Nachgeschmack, ich möchte nachfolgend postulieren warum: Googelt man „Miriam Seyffarth“, dann findet man unter den ersten Search Results Bilder, wo sie mit selbstgemalten Schildchen gegen die böse NSA demonstriert. Also erster Eindruck: eine kritische junge Frau?!

    Im krassen Gegensatz dazu steht leider das in dieser Folge absolut fehlende Reflektionsvermögen gegenüber einem gesellschaftlichen System, welches weltweit zu den brutalsten und rückschrittlichsten zählt. Enthauptungen, Kreuzigungen, Auspeitschungen, Folter und Unterdrückung, sind kaum eine Erwähnung wert („Hey, das ist halb so wild, die ticken halt so!“).

    Natürlich verstehe ich, dass sie sich mit ihrer Kritik zurückhalten muss, da es sonst mit zukünftigen Gigs in gut klimatisierten Botschaften der arabischen Welt schlecht ausschaut, aber bei dieser Ignoranz verschlägt es einem doch die Sprache. Vielleicht entwickelt man aber einen blinden Fleck für diese Dinge, wenn man sowas studiert und sich länger damit beschäftigt. So ein bisschen wie die Esoteriker, die sich so fest im System verankern, dass sie nach einiger Zeit selbst an ihren Hokus Pokus glauben.

  21. Habe gerade mitbekommen, dass einige wohlhabende Saudis ihre Söhne als Selbstmordattentäter für den IS auf Auktionen versteigern.

    Vielleicht könnte man ja so eine Auktion mit einem eigenen Event verbinden? Um die interkulturelle Kommunikation mit diesem faszinierenden Land zu fördern?

    Super interessant das alles. Ich bin immer mehr begeistert von diesem Land. Auch das die USA bisher 28 Seiten des offiziellen Berichtes zu 9/11 unter Verschluss gehalten haben, in dem die Saudis zentral als „Ermöglicher“ dieser Anschläge benannt werden, so jedenfalls hat es der ehemalige Chef der Untersuchungskomission des Senats Bob Graham im Interview bei Monitor geschildert.

    Das wird immer spannender. Ja da muss ich auch mal irgendwann hin. So ein schönes Land. … und die Verschleierungen der Frauen sind jetzt bunt und verziert. Da muss auch der letzte Kritiker seine Irrtümer eingestehen.

  22. Hmm. Miriam hat einen Master in Islamwissenschaften, ich ein Universitätsdiplom in Theoretischer Kernphysik. Macht mich das zu einem Kernphysiker und sie zu einer Islamwissenschaftlerin? Vor allem weil wir wohl beide nicht sonderlich umfangreich wissenschaftlich gearbeitet haben lautet meine Antwort: Selbstverständlich nicht.

    Insgesamt finde ich als liberaler Atheist Miriams Haltung zu diesem frauen-, schwulen-, juden- und lustfeindlichen, theokratischen Unrechtsstaat unfassbar unkritisch. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass eine den Piraten mindestens nahestehende Frau wie sie vergleichbar naiv über Pegida und Konsorten (etwa: „ja, es gibt bei der NPD auch Strömungen, die das mit den Ausländern auch etwas lockerer sehen“, „liberale AfD-Wähler…“, etc.) reden würde.

  23. Ich hab den Podcast erst jetzt abonniert und gehört.
    Zuerst dachte ich, oh wie lange geht der denn?

    Aber, vielen Dank für deinen Einblicke und Meinung.

  24. Danke für den Podcast. Klingt nach einem in jeder hinsicht grauenvollen Land. Die Menschen dort tun mir wirklich leid. Warum werden mit solchen Staaten Geschäfte gemacht? Nordkorea wird doch auch nach Möglichkeiten isoliert.

    • Was meinst Du wo das Erdöl für Dein Benzin herkommt? Sowas nennt sich Geopolitik. Da gibt es eine ganze Ausgabe der Wissenschaft & Frieden zu:

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